Die Diskussion

Bis in den Herbst konnten Logopäden, Sprachtherapeuten, Ärzte, Eltern und Erzieherinnen auf der dbl Homepage über das Pro und Contra zum Thema Therapie in Einrichtungen diskutieren.
Die Resonanz war groß und die Meinungen und Erfahrungen spiegeln die Vielschichtigkeit dieses Themas wider.
Arbeitsgruppe Mönchengladbach, Kontakt www.logoabel.de
Hier für alle Interessierten  unsere Zusammenfassung der Beiträge der Diskussion zum Nachlesen und Informieren:


Dr. Rainer Böhm, 13-11-12 18:48:
Als Leitender Arzt eines Sozialpädiatrischen Zentrums sehe ich täglich Kinder mit Sprachstörungen
und habe regelmäßig Kontakt zu ihren Familien sowie pädagogischen Fachkräften und
Therapeuten.
Ich sehe, dass die Konzentration von therapeutischen Sitzungen in Schwerpunkteinrichtungen für
stark entwicklungsgestörte oder behinderte Kinder ein sinnvoller Kompromiss sein kann, der die
interdisziplinäre Abstimmung erleichtert und den Eltern häufig mehrfache Wochentermine
außerhalb der Tagesbetreuungszeiten erspart.
Ich spreche mich aber dagegen aus, diese Behandlung in vorschulischen (!)
Tagesbetreuungse inrichtungen auf einfache umschriebene Entwicklungsstörungen auszudehnen.
Eltern sollten grundsätzlich die hauptverantwortlichen Bezugs- und Begleitpersonen insbesondere
Bedürfnis ihrer Kinder nach Sicherheit.
Je jünger Kinder sind, desto wichtiger ist für sie die Verfügbarkeit einer Sicherheit gebenden
Bindungsperson. Leider wird dieses elementare Bedürfnis selbst durch Erzieherinnen oft nicht
hinreichend erfüllt, und zwar umso seltener je jünger die Kinder sind und je mehr Stunden pro Tag
sie sich in Gruppenbetreuung befinden. Das zeigen uns die neuesten Studien zur Stressbelastung.
Therapeuten, die ein Kind ein- oder zweimal in der Woche für eine Stunde sehen, werden in aller
Regel keine Bindungspersonen für die Kinder. Und die Erzieherinnen und Erzieher, die häufig
bestenfalls Spielkameradin und gute Entertainerin“ (Zitat Prof. Lieselotte Ahnert, führende
deutsche Bindungsforscherin) sind, können dem Kind oft kein ausreichendes emotionales backup
für die Therapiesituation geben, schon alleine deswegen, weil sie alle Hände voll zu tun haben, und
die Therapiestunden eher als Entlastung nutzen werden.
Wir sehen in Deutschland eine traurige Tendenz, dass die Zahl unsicherer Eltern-Kind-Bindungen
immer weiter ansteigt  mit negativen Konsequenzen für die Persönlichkeitsentwicklung und
seelische Gesundheit der Kinder. Diesen Trend werden wir nicht ändern können wenn immer mehr
Kinderbetreuung und -therapie institutionalisiert wird.
Die Tatsache, dass immer mehr Eltern doppelte Vollzeiterwerbstätigkeit annehmen müssen, um
finanziell über die Runden zu kommen, wird oft wie auch in diesem Positionspapier - als
unhinterfragbares Faktum schicksalhaft hingenommen. Das ist aus meiner Sicht ein Fehler.
Mein Appell an die logopädische Zunft: Halten Sie Ihre Beziehung zu den Eltern als hohen Wert
aufrecht. Therapieren Sie in und mit den Familien. Wir wissen, dass die Wirksamkeit Ihrer Therapie
dann deutlich besser sein wird.
Dr. Rainer Böhm. Leitender Arzt des SPZ Bielefeld-Bethel

Miriam, 13-11-12 20:21:
@Elena: am Besten sollten alle Eltern ihre Kinder dann wohl direkt nach der Geburt an Erzieher
abgeben, wenn sie sowieso keine Zeit zur Erziehung haben. ..Wo bleibt da die Verantwortung der
Eltern? Wieso bekommt man Kinder, wenn man sich keine Zeit flur sie nehmen kann???? Das kann
ja wohl nicht das Ziel unserer Gesellschaft sein!!!

Jörg, 14-11-12 20:41:
Dr. Rainer Böhm
Ich bin froh von ärztlicher Seite eine solche Stellungnahme lesen zu können. Für alle Interessierten
ein Link mit weiterführenden Infos
http://www. fachportal-bildung-und-seelische-gesundheit.de/index.php?
option=comcontent&view=artic le& id= 1 &Itemid 101
Es ist längst überfällig zu mahnen und zu kritisieren wie die Versorgung von Kindern organisiert
wird.
Wir müssen uns im Klaren sein:
es geht um die Zukunft unserer Kinder - um ihre seelische und körperliche Gesundheit und
Entwicklung. Diese kann man nicht realisieren nach dem Prinzip Masse statt Klasse!
Ein wirklich nachhaltiges politisches Ziel müsste sein:
1. Eltern in ihrer Verantwortung zu stärken
2. Eltern in ihren Fähigkeiten zu fördern
und ihnen
3. das Angebot einer qualitativ- hochwertigen, institutionellen Entlastung zur SEITE zu stellen.
Diese Qualität aber gilt es zu überprüfen und zu kontrollieren, um Missbrauch zu verhindern.
Diesen wertvollen Beitrag, den Logopädie zur Entwicklung in dieser Gesellschaft leisten kann
durch unsere ARBEIT IN DEN FAMILIEN UND MIT DEN FAMILIEN, gilt es zu erhalten.
Ich wünsche mir von unserem Verband ein starkes Engagement för diese Ziele - auch gegen
gesellschaftliche, wirtschaftliche und politsche Widerstände.
Es geht nicht nur um die Zukunft der Logopädie
Jörg Abel



Anja, 24-10-12 14:08:
Als Mutter einer dreijährigen Tochter mit verbaler Entwicklungsdyspraxie, stehe ich Therapien im Kindergarten eher kritisch gegenüber. Gerade, wenn außergewöhnliche Störungen vorliegen oder die Diagnostik schwierig ist, muss das Kind zu einem Experten/einer Expertin, die eine spezielle Therapie anbieten kann. Die Therapieform, die meiner Tochter weiterhilft, wird in unserer Stadt nur von drei (!) Therapeutinnen angeboten. Ich habe so meine Zweifel, ob alle Logopädinnen, die in die Kindergärten gehen, die fachliche Erfahrung haben, in solchen Situationen zu diagnostizieren und zu therapieren. So geht dem betroffenen Kind wertvolle Zeit verloren! Bei Kindern im Kiga-alter halte ich die enge Zusammenarbeit mit den Eltern für ganz wesentlich, auch dies ist bei einer reinen Kiga-Therapie nicht möglich, da sich Eltern und Therapeut hier nicht zwangsläufig begegnen.

Hanna, 24-10-12 13:01:
@Christiane: Es ist vollkommen korrekt, dass die MOMENTANE gesetzliche Regelung die logopädischen Leistungen klar dem medizinischen Sektor zuordnet. Wenn wir aber ins Außland schauen, ist diese Zuordnung längst nicht so eindeutig, sondern wird eben auch häufig vom Bildungssektor abgedeckt. In Amerika z.B., wo ja die Inklusion schon deutlich weiter fortgeschritten ist, finden die (Einzel-)Sprachtherapien auch zum großen Teil in den Schulen und Kindergärten statt, längst nicht nur die Sprachförderung. Ich denke wir sollten mögliche Entwicklungen frühzeitig erkennen, damit wir nicht in einigen Jahren von ihnen überrollt werden.

maxxx, 07-10-12 21:33:
@elke
Vielen Dank für diese Beschreibung aus der Realität!
Die von einigen Vorgängern als Argument für Therapien in Kindergärten angeführten "intensiveren Beziehungen" zum Kind oder den "besseren Kontakt" zu Erzieherinnen finde ich nur noch lächerlich. Die meist völlig überlasteten Erzieherinnen haben eine Vorstellung , der Träger der Einrichtung hat eine andere, der Arzt will möglichst wenig Rezepte verordnen, die Eltern wollen nur alles vor der Schule erledigt haben und die Kinder wollen in ihrer Gruppe bleiben und weiterspielen. Und dazwischen soll eine "Therapie" mit allen möglichen Qualitätsansprüchen möglich sein?
Seit wie vielen Jahren sind diese Zustände bekannt? Seit wie vielen Jahren schauen die Kassen einfach weg?
Seit wie vielen Jahren versucht unser Verband uns dies als sinnvolles Ziel zu verkaufen?

WARUM TUT ER DAS ? ! ! ! ! !

Eine frisch Examinierte hat ihre Praktikumserfahrungen beschrieben:
Denkt an die Zukunft!!
Sollen die heutigen Studierenden in ein paar Jahren tatsächlich nur noch Logopädie to go kennen lernen. Wie schrieb der Kinderarzt: Wenn das der neue Standard wird, weiß bald keiner mehr, welche Qualität Logopädie mal hatte!
Mir hat ein Kinderarzt mal gesagt: Wenn die Logopäden das machen (Öffnung aller Einrichtungen für Therapien) dann gräbt sich die Logopädie ihr eigenes Grab!

An alle Studierenden: Wollt Ihr das? Es geht um unsere Zukunft!
Denkt an die Zukunft!, 07-10-12 16:34:
Hallo,
ich habe vor kurzem mein Examen in Aachen abgeschlossen. Ich musste während meiner Ausbildung drei große Praktika absolvieren. Während eines Praktikums hatte ich das Peh genau in so einer Praxis zu landen, die die umliegenden Kindergärten "versorgten" (insgesamt 3 an der Zahl). Neben menschlichen und fachlichen Mängeln,die ich jetzt nicht weiter ausführen möchte, durfte ich an einer solchen Therapie in den Kindergärten
(keine integrativ Kindergärten) teilnehmen. Ich sage dazu folgendes: 1. Keine angemessenen Therapieräume (In denen z.B. Kindergartenleiterinnen parallel telefonierten oder solche Scherze) 2. Koffertherapie = keine Flexibilität
3. Kaum bis keine Elternkontakte, sondern nur über einen Schnellhefter, in welche die Logopädinnen Nachrichten in die Hefter schreiben, was ca. 10 Minuten der eigentlichen Therapie in Anspruch nahm!! (soviel zum Versorgungsanspruch...den die meisten solcher Kolleginnen gerne als Argument nutzen). Die meisten Kinder haben diese Schnellhefter regelmäßig vergessen.
4. Die Kinder werden aus der Gruppe, aus dem Spiel geholt, was natürlich immer eine schlechte Ausgangslage darstellt bzgl. der Konzentration.
Alles in allem also eine ganz tolle Sache oder? (Achtung: Ironie!)
Am besten fand ich die Aussage meiner Praktikumsleiterin, als ich meine Position zu solchen Therapien äußerte :"Wo kein Richter ist, da ist auch kein Henker".... Ja liebe Leute. Ich finde es wird Zeit, dass ein Richter auf der Bildfläche erscheitn, oder? Dieses ganze Spiel mit den Therapien in den Einrichtungen bringt nur halb soviel, wie in einem angemessenen therapeutischen Rahmen/Setting. Das ist reine Geldschäffelei, wie die Aussage meiner Praktikumsleiterin wohl beweist. Viele aus meinem Kurs berichteten übrigens ähnliches. Daher kann man hier LEIDER nicht von einem Einzelfall reden.
Des Weiteren finde ich es sehr bedenklich, wenn wir als Logopäden um die Akademisierung kämpfen und uns gleichzeitig so minderwertig präsentieren oder nicht? Therapie to go....sehr effktiv....wir plädieren tagtäglich vor den Krankenkassen, dass doch bitte mehr verschrieben wird, dass wir effektiv arbeiten wollen etc.. aber mit solchen Therapien, kann man wohl von uneffetiver Arbeit reden (ich habe es leider miterleben müssen) und davon profitieren die kleinen Kinder auch nicht. Wie ein Arzt hier im Forum schon schrieb, zum Arzt geht man auch nicht mal eben so, sondern macht einen Termin, oder?

In diesem Sinne.

Denkt an die Zunkunft!

Liebe Grüße

Manuel, 07-10-12 14:16:
Warum sollen wir in Kindergärten therapieren?
Ist es seriös genug? Ich finde es nicht. Ich finde, dass der DBL naiv und unwissenschaftlich reagiert.
Unser derzeitiges Hauptproblem ist, dass die Krankenkassen allen Ärzten (nach „erfolgreicher“ Intervention bei den KÄ) mit Regress drohen und dass Kinder, die dringend (z.B. mit einer universellen Dyslalie und ausgeprägtem Dysgrammatismus) einer logopädischen Therapie bedürfen, kaum Therapien verschrieben bekommen. Oder die Ärzte verschreiben max. 2 Verordnungen und ordnen 6 Monate Therapiepause an.
Dementsprechend haben die Diagnosekürzel bzw. der Heilmittelverordnungsvertrag keine praktische Gültigkeit, weil dieser von den KK und den Ärzten ignoriert wird.
Was macht der DBL? Der empfiehlt mir Qualitätssiegel !?
Ich empfinde das Vorgehend des Vorstandes als sehr unseriös. Ein Verband, der die Probleme seiner Mitglieder ignoriert und tertiär wichtige Belange als primär betrachtet, macht sich auch für Krankenkassen und Ärzte unglaubhaft.
Wie sollen wir qualitative Therapien liefern und die Eltern in Bezug auf die erfolgte Therapiestunde beraten, Hausaufgaben besprechen usw. wenn Therapien in nicht dafür vorgesehen Räumen stattfinden? Weshalb braucht man dann Praxen?
Das Vorgehen unseres Verbandes, z.B. durch die Fortbildung Sprachreich hat dazu geführt, dass sich inzwischen Berufsfremde, wie z.B. Pädagogen, Erzieher usw. dazu berufen fühlen, logopädische Therapien, unter dem Deckmantel Sprachtherapie, Sprachförderung durchzuführen. Für wen macht sich unser Verband stark?
Welche wissenschaftliche Argumente und Vorschläge hat der DBL parat, die wir noch nicht wissen?
Eine Praxis ist nicht gleich Kindergarten. Sollen wir jedes Mal das ganze Arbeitsmaterial in den Kindergarten mitschleppen. Schon jetzt empfinden viele Kinderärzte dieses Vorgehen als absolut unseriös. Soll damit die freie Therapeutenwahl umgangen werden? Das Argument, dass die Eltern heutzutage keine Zeit für logopädische Therapie finden (können), halte ich für eine Geringschätzung von Logopäden selbst. Warum finden viele Eltern genügend Zeit für andere Freizeitaktivitäten und Musikunterrichtsstunden, aber keine Zeit für die Logopädie?
Die informierten und die Bildung für wichtig haltende Eltern finden immer Zeit, egal wie viel Stunden sie arbeiten. Die Restgruppe müssen wir überzeugen und nicht mit billigen Argumenten hier debattieren, wir machen uns lächerlich!

Der Verband selbst öffnet unseriösen Therapien Tür und Tor.

Kathi, 09-10-12 11:10:
Ich bin unter anderem selbständig als mobile Sprachtherapeutin, arbeite also so, wie Sie es gerade so verurteilen täglich. Allerdings muss ich sagen, dass ich- aufgrund der Vorschriften der gesetzlichen Kassen- nur Privatpatienten und Selbstzahler behandeln kann. Ich besuche Kinder im Kindergarten, Hort, Schule und auch zu Hause. Die Idee kam von einem Arzt, der das Problem hatte, dass Kinder oft ewig auf einen THerapieplatz warten müssen, wenn beide Eltern aus finanziellen Gründen arbeiten müssen und so THerapien erst nach 17 Uhr wahrgenommen werden können. UNd es gibt offenbar sehr viele dieser Eltern, die ihr Kind eben einfach nicht vor-oder nachmittags zum Logopäden fahren können, daes in einer Ganztagseinrichtung ist. Auch die Schulen waren begeistert, dass ich nun dort in die Hausaufgabenbetreuung komme. Ich führe regelmäßig persönliche und telefonische Elterngespräche. Und was die Qualität betrifft- abervielleicht liegt das tatsächlich daran, dass es sich halt um Slebstzahler und Privatpatienten handelt- muss ich sagen, dass die THerapie wesentlich erfolgreicher und effektiver ist als in derPraxis, da die Eltern und Kinder besser mitarbeiten, Inhalte werden in derTageseinrichtung meiner Erfahrung nach oft hervorragend umgesetzt und ich fände es sehr wünschenswert, wenn diese Arbeit auch für gesetzlich versicherte möglich wäre unter der Voraussetzung, dass in der Einrichtung geeignete Räumlichkeiten vorhanden sind, die Vergütung höher ist und Telefonate bzw. Beratungsstunden abgerechnet werden können. Unter diesen Voraussetzungen könnten alle profitieren, auch die Kassen, wenn die Therapie effektiver werden. Und ich denke, dass wir uns- auch wenn nicht alle Veränderungen immer wünschenswert sind- nicht neuen Ideen verschlieen sollten, denn die Familie mit
Vater,Mutter, zwei Kindern, wo die Mutter bis zum Schuleintritt gar nicht oder kaum arbeitet, um nur für die Kinder dazu sein undsie in der Gegend herum zu kutschieren, gibt es leider kaumnoch. Regelfall sind zwei arbeitende Eltern, Alleinerziehende, Patchworkfamilien. Und dieses Gegenbenheiten muss sich auch unsere Berufsgruppe anpassen. Ich weiß, dass ich mit dieser Meinung nun sicher sehr anecke und bin mir sicher- aus eigener Erfahrung in Praxen mit unerlaubten Kindergartenbesuchen-, dass esleidernciht überall so gut funktioniert, wie hier, doch dann müssen die Voraussetzungen dafür halt verbessert werden.

Jörg, 09-10-12 10:44:
Nach der Lektüre all dieser Erfahrungsberichte, bin ich überzeugter denn je, dass sich etwas ändern muss !!

Ohne eine aktive Kontrolle geht es nicht.
Ohne Aufklärung der Eltern geht es nicht.
Die Versuchung auf ein bequemes Angebot einzugehen ist für die Eltern einfach zu groß - und die meisten Eltern kennen es ja gar nicht anders!
Deshalb MUSS EINE AUFKLÄRUNG DER ELTERN ERFOLGEN. Hier ist der dbl gefragt.
Ich zeige den Eltern den Link zu dieser Seite und wenn sie hier lesen, sind sie entsetzt. Einige bestätigen solche Zustände - es war ihnen aber nicht bewusst, dass dies für ihre Kinder von Nachteil ist.

DIESE ERFAHRUNGSBERICHTE UND MEINUNGEN GEHÖREN AN DIE ÖFFENTLICHKEIT !

Ich wünsche mir, dass diese Berichte noch lange öffentlich zur Verfügung stehen, um mit Eltern und Trägern/Schulen/Einrichtungen ins Gespräch zu kommen und allen Kinderärzten Argumentationshilfen an die Hand zu geben.
So hat man auf die Frage 'Warum ist das eigentlich verboten?' eine Antwort.
Petra Claudia Krätsch-Sievert, 09-10-12 07:46:
@tina
Danke für die offenen Worte! Ich muss die Zahl derer, die in Praxen arbeiten aber nach oben korrigieren!
Denn Zweidrittel !!! aller dbl-Mitglieder sind von der Arbeit in niedergelassenen Praxen abhängig! Da sind die Inhaber und die Angestellten zusammengerechnet. Denn von einigen in Praxen angestellten Kolleginnen konnten wir hier ja schon über ihre meist schlechten Erfahrungen zu Arbeit in Einrichtungen lesen. Und wenn die Selbständigen pleite gehen, gibt es die Stellen in den Praxen auch nicht mehr, daher habe ich alle Betroffenen zusammengeszählt!

Julia, 08-10-12 17:38:
Auch von mir eine GANZ DEUTLICHE ABSAGE zu Therapien in Einrichtungen !!!

WOHIN WILL DER DBL SEINE MITGLIEDER DA DIRIGIEREN ???

Zahlen wir DAFÜR unseren (nicht geringen !) Mitgliedsbeitrag ? Dafür, daß die (angeblich so sehr verteidigten) Qualitätsmaßstäbe immer mehr aufgeweicht werden ?

Liebe Kollegen, WACHT AUF !!!

Für solche Arbeit seid ihr NICHT logopäde geworden (ich spreche aus leider SEHR negativer Erfahrung). Mit Qualität hat diese Arbeit nur im allerkleinsten Einzelfall etwas zu tun !!!

tina, 08-10-12 13:44:
Ist es unsere Aufgabe als "Dienstleister" uns nur an die Wünsche der Eltern anzupassen und daher auch die Regelkinder in den Einrichtungen therapieren? Ich lehne dies ab.
Wo hört die die Dienstleistung auf?
Gibt es demnächst Behandlungen von Regelkindern zu Hause, wenn keiner Zeit hat, das Kind zur Therapie oder zum Kindergarten zu bringen?
Oder hole ich es dann per Logotaxi von zu Hause ab? (Sollten Ärzte und Kinderärzte ihre kleinen Patienten nicht auch bals zu Hause behandeln?)
Wie passen solche Verhaltensweisen mit den Bestrebungen des Berufsverbandes zur Akademisierung unseres Berufsstandes zusammen?
Das läßt sich nicht mit der Akademisierung und Qualitätssicherung geschweige denn der Vergabe eines "Qualitätssiegels" vereinbaren.
Wer, wenn nicht wir, bestimmt unseren Standard?
Wo bleibt die Unterstützung der gemäß den Heilmittellinien arbeitenden Freiberufler durch den dbl?
Wo führt das berufspolitisch hin?
Sägt der dbl an dem Ast, auf dem ein Drittel der Logopäden( nämlich die Freiberufler) sitzen?
Damit wird die logopädische Berufslandschaft verarmen, wir demontieren uns selbst.

sabine, 10-10-12 13:29:
Frage an Kathi vom 09.10.12 um 11:10 mit der Bitte um Antwort: wenn nun in jedem Kiga eine Sprachtherapeutin oder Logopädin (ich nehme an in Vollzeit) anwesend ist,was machen wir dann mit all den Logopäden, die selbstständig sind? Es wird dann, es muss dann zu einer geringeren Dichte an Praxen kommen, so wie in der Schweiz. So ehrlich sollte man dann schon sein. Was mich auch an der ganzen Sache sehr stört, ist der Umstand , dass Kollegen in Regelkigas Sprachförderung anbieten, dafür von den L-Banken Fördergelder bekommen, die im übrigen STEUERGELDER sind und sich zum Dank zwischen den Kindern ( Patienten ) und den freien Praxen drängen. Dass ärgert mich maßlos, dass ich das auch noch mit meinen Steuern mitfinanziere !!!

Christiane, 10-10-12 09:43:
...mich interessiert nun auch ich, wie unser Verband mit den Inhalten und Ergebnisen dieser Diskussion umgehen wird....Wird das Positinspapier eingestampft? Wird ein neues verfasst? Welchen politischen Kurs schlägt nun der dbl ein? Oder dient das Forum hier nur der Beruhigung der Mitglieder und ansonsten wird "Business as usual" gemacht ?

anonymousLOGO, 09-10-12 19:41:
Einige Befürworter von Therapieen in Einrichtungen schrieben, dass es positiv sei, dass die Therapie in die alltägliche Umgebung des Kindes eingebaut werden könne und den Transfer erleichtere. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass dies NICHT der Fall ist.
Der Transfer des Gelernten in die Spontansprache in einer großen Gruppe mit unzähligen Störfaktoren und Ablenkungen ist die absolute Endstufe auf der "Therapieleiter"! Das kann also nur gelingen, wenn die Behandlung sowieso schon beendet ist. Ansonsten ist es eine absolute Überforderung für das Regelkind (und für die Erzieherinnen) und zwar aus folgenden Gründen:
-der Transfer muss in kleinen Schritten gesetaffelt und gesteigert werden
-es sind zu viele Gesprächspartner anwesend
-außerdem sind deren Sprechtempo und -weise dem übenden Kind in keiner Weise angepasst
-der Geräuschpegel ist viel zu hoch
-die Ablenkung vom Üben ist viel zu groß
-Erzieherinnen sind keine Co-Therapeuten
-Erzieherinnen haben in den vergangenen Jahren zusätzliche Aufgaben auferlegt bekommen, ohne dass der Personalschlüssel an die Mehrarbeit angepasst wurde. Sie haben also reichlich zu tun mit Wickeln, Streit schlichten, Versorgen, Trösten, Beaufsichtigen, Themenangebote machen, Dokumentieren usw.

Martina, 09-10-12 17:10:
Auch ich bin total gegen das Anbieten logopädischer Therapien in Regelkindergärten. Es kam bislang für mich überhaupt nicht in Frage, dies anzubieten, da ich der Meinung bin, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist, die Qualität meiner Arbeit zu gewährleisten. Alle Argumente dafür, wie sie bislang genannt worden sind, finde ich mehr als fadenscheinig. Die Erfahrungsberichte von Kolleginnen, die in Kitas therapiert haben, bestätigen mich nur in meiner Ablehnung.
Ich möchte mal einen Kinderarzt, einen Zahnarzt, einen Psychologen, einen Friseur usw. erleben, der in die Kitas geht, mit den Argumenten, welche die Befürworter daherbringen. Lächerlich. Ich bin ganz der Meinung vieler KollegInnen, dass dieses Vorhaben definitiv nicht von unserem Berufsverband unterstützt werden sollte. Es wird uns keineswegs vorwärts bringen, sondern ein weiterer Nagel im Sarg der Logopädie sein.
Martina B.

Intensive Zeit für das Kind, 09-10-12 12:06:
Wenn Eltern ihr Kind in meine Behandlung bringen, dann widmen sie sich sehr intensiv ihrem Kind! Sie nehmen aktiv an der Behandlung teil. Sie kennen den aktuellen Stand ihres Kindes. Die Kinder und Eltern sind stolz auf die Lernerfolge! Die Elternteile sind dadürch eingebunden und motiviert am Therapieziel mit zu arbeiten. Sie werden genaustens zum häuslichen Üben mit störungsspezifischen material angeleitet.

Sabine, 11-10-12 13:25:
Ich hoffe das die Krankenkassen dabei bleiben: logopädische Therapien gehören in die Praxis. Die Voraussetzungen die wir für eine gute Durchführung unserer Behandlung in unseren Praxen leisten,sind wie Einige schon angeregt haben, in den Kindertagesstätten nicht gewährleistet. Zum Anderen ziehen sich die Eltern immer mehr aus Ihrer "selbstverständlichen" Verantwortung ihrem Kind gegenüber gerne heraus. Damit verbleibt die Verabtwortung allein beim Therapeuten/tin. Das ist doch mal wieder sehr bequem. Denn ein guter Elternkontakt und somit die häusliche Mithilfe für Übungen ist keinesfalls gegeben. Die nächste Frage die sich mir stellt, warum richten wir uns dann überhaupt eine Praxis ein und müssen feste Voraussetzungen erfüllen. Dann können wir uns doch die Miete, Praxiszulassung etc. ersparen. Meine persönliche Meinung dazu ist: Patienten gehören grundsätzlich in die Praxis, außer der Patient ist physisch oder psychisch nicht dazu in der Lage. Die Versuche des Dbl`s hier auch noch die Krankenkassen für Therapien im Kindergarten zu gewinnen finde ich unverantwortlich. Dies ist nicht zum Wohle der Patienten und auch nicht in meinem als Therapeutin. Es scheint mir eher nur eine Lösung für "schlecht laufende Praxen", sich die Bequemlichkeit der Eltern zu Nutze zu machen.Oder gibt es wirklich andere therapeutisch, sinnvolle Gründe dafür?

Petra C. , 11-10-12 12:09:
@sabine:
Die SprachFÖRDERUNG ist ein völlig anders Thema als die THERAPIE in
Einrichtungen und ich denke, man sollte diese zwei Themen unbedingt klar auseinanderhalten.
Die SprachFÖRDERUNG wird in Ba-Wü über zusätzliche Gelder des
Landes finanziert. Das ist keine bundesweit einheitliche Regelung!
SprachFÖRDERUNG ist in Ba-Wü trotz der Finanzierung inhaltlich nicht
geklärt, und das Feld noch umkämpft. Wir bemühen uns seitens des
Landesverbandes (recht erfolgreich) darum, dass wir als Berufsgruppe mit
unserer Kompetenz ein entsprechendes Gewicht bekommen.
Weiteres möchte ich aber an dieser Stelle dazu nicht ausführen, denn das
Positionspapier, das wir hier diskutieren, behandelt ja die Öffnung für
THERAPIE in Einrichtungen und nicht
das Thema Sprachförderung.

Es wurde hier von einigen Befürwortern der Öffnung vorgebracht (neben
den vielen Vorteilen, die das Arbeiten 'vor Ort' mit den
Kindern anscheinend hat), dass die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen
sich nun einmal ändern, und dass wir uns diesen auch ein Stück weit anpassen müssen. So wie es auch im Positionspapier angeführt wird.

Was wir als Therapeuten aber doch eigentlich wollen ist, dass unsere
qualitativ gute Arbeit auch entsprechend gut entlohnt wird, damit wir
davon leben können. Und nicht, dass wir auf Patientenfang die Kindergärten abgrasen und besetzen müssen! Ich bin davon überzeugt, dass nur über eine gute Bezahlung wir auch gute Arbeit leisten können! Und dann hätten wir nach meiner Einschätzung diese Diskussion hier nicht!

Die hier zu lesenden Berichte über die (erschreckend vielen) schwarzen Schafe, die trotz existierenden Verbots, dennoch heute schon Leistungen in Einrichtungen auf Heilmittelverordnungen an Regelkindern erbringen und abrechnen, bestätigen mich darin, dass die Verlockung des vermeintlich leicht verdienten Geldes das Primat der Qualität deutlich in den Hintergrund drängt weil die Not schon so groß ist.
Aber Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen ist dabei wohl nicht bewusst, dass Sie mit ihren mäßigen Therapieerfolgen auf Dauer sich selbst und dem gesamten Berufsstand eher schaden! Eltern entwickeln Therapien gegenüber eine konsumorientierte Haltung, Ärzte wollen solche Therapien noch weniger verordnen als sie ohnehin schon tun und das Bild der qualitativ hochwertigen weil effizienten Therapie geht dann letztendlich was unseren Berufsstand betrifft verloren!
Ich möchte alle Kolleginnen und Kollegen, die bereits jetzt schon den Fuß in der Tür ihrer Kindergärten vor Ort haben, bitten, sich Gedanken über die Konsequenzen ihres Tuns zu machen.
Und besonders wichtig finde ich, dass sich der Berufsverband dazu positioniert! Deshalb begrüße ich die hier stattfindende Diskussion!

Politisch stehen wir da übrigens nicht auf der gleichen Seite wie die
Krankenkassen, die durch ihren immensen Einfluss im Gesundheitssystem
(u.a. durch Sitz und Stimme im Gemeinsamen Bundesausschuss) uns ja die
bedingte Öffnung für die Therapie von besonders schwer betroffenen
Patienten bereits gebracht haben. Das Positionspapier spricht diesen Umstand ja ebenfalls an. Aber was war den KK dabei besonders wichtig? Dass dies bitte zum Nulltarif erfolgt!!! Dieser Passus musste jedoch wieder aus der Heilmittelrichtlinie herausgenommen werden, weil der GBA nicht in die
Tarifautonomie der Vertragspartner eingreifen darf. Die Qualität der erbrachten Leistung findet hier seitens der Kassen keinerlei Beachtung! Hauptsache günstig! Das kann nicht unsere Devise sein!
(Eine längst fällige Regelung der Vergütung, weil die Behandlung in der Einrichtung ja OHNE verordneten Hausbesuch erfolgen darf, steht übrigens nach wie vor aus!)

Und obwohl ich dafür bin, dass Logopädinnen und Logopäden die
Sprachförderung als ihr Thema besetzen bin ich genauso dagegen, dass Therapie in Einrichtungen stattfindet!

Christiane, 11-10-12 11:58:
@ "der dbl in der Pflicht": Meiner Erinnerung nach IST dieses Diskussionsforum beschlossen worden und keine förmliche Mitgliederbefragung (...von Basisdemokratie ist der dbl weit entfernt!). Ich wollte den Sachverhalt gerade im Protokoll der MV 2012 nachlesen- finde es aber auf der HP nirgends eingestellt.

der dbl in der Pflicht, 10-10-12 21:41:
Es ist eine gute Frage, in welche Richtung der dbl geht. Immerhin gehen wir als Mitglieder mit. Und in unserem Verein haben wir etwas mitzureden!
Bereits im Juni ist die Mitgliederbefragung beschlossen worden.
Wann kommt sie denn endlich?

chris, 10-10-12 19:29:
Es ist schon fast unglaublich,dass die als mobile Sprachtherapeutin arbeitende
Kollegin so ideale Arbeitsbedingungen
vorfindet,dass sie die in einer Praxis
übertreffen. Das widerspricht allen Erfahrungen, die ich in 27-jähriger freiberuflicher Arbeit als Logopädin machen durfte, unabhägig vom jeweiligen Versicherungsstatus eines
Patienten.
Wollen wir in Zukunft (evtl.auch als Dokter der Logopödie) statt in unseren Praxen arbeiten zu können mobile
ITHEL (individuelle therapeutische Leistungen)gemäß der IGEl der Ärzte anbieten?

Mel, 15-10-12 19:26:
Ich kann mich den vorherigen Meinungen auch nur weiter anschließen, logopädische Therapien gehören in die Praxen!
Das Argument, dass Kinder vormittags aufnahmefähiger sind und deshalb im Kindergarten Therapiert weredn sollten ist wohl auch nur schlecht nachzuvollziehen. Andere Aktivitäten, bei denen Kinder Neues lernen finden doch auch nachmittags statt. Zum Beispiel Sport, Musikschule, Sprachunterricht usw. wie viele muslimische Familien beispielsweise schicken ihre Kinder nachmittags in die Moschee zum Koranunterricht? Teilweise wird dies doch auch schon in den Schulen angeboten. Aber in der Moschee ist die Qualität halt besser, weil es am "richtigen" Ort stattfindet und das ganze Umfeld stimmt. Genauso ist es doch bei der Logopädie auch und die ELtern sollten aufgeklärt werden, dass es einen Qualitätsunterschied zwischen der Arbeit im Kindergarten/Schule und der Arbeit in einer Praxis GIBT!

Andreas, 14-10-12 15:35:
Sehr geehrte Damen und Herren,

gerne möchte ich mich als Vater eines 6jährigen Mädchen, das gerade ihre ersten Erfahrungen in der Grundschule macht, mit einem kurzen Kommentar an dieser Diskussion beteiligen.

Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass es vielen Eltern und /oder alleinerziehenden Müttern/Vätern schwer gemacht wird in der heutigen Zeit Familie und Beruf in Einklang zu bringen.
Doch spreche ich mich gegen die Abgabe der Verantwortung von Erziehung und Ausbildung/Förderung an die KiTas`aus.
Es kann nicht sein, dass wir ein Erziehungssystem befürworten, das in der DDR und anderen kommunistischen Ländern zur Kontrolle jedes einzelnen Menschen geführt hat und die Gestaltungsfreiheit und Verantwortung der Familie einschränkte.

Desweiteren frage ich die betroffenen Eltern : "Ist es Ihnen wirklich nicht möglich den kleinen Zeitaufwand für Ihr Kind zu ermöglichen, um gemeinsam eine Praxis zu besuchen..gemeinsam Lernmöglichkeiten...Sprachentwicklungen...und zu guter Letzt gemeinsam Freude am Erfolg Ihres Kindes zu erleben ?"

Ich habe mich für eine Praxis entschieden, weil ich für mich die gestellten Fragen mit
"Ja" beantwortet habe.
Ich traue keiner Massenbetreuung, um die Sprachentwicklung meines Kindes zu verbessern.
Ich freue mich über jede gemeinsame Minute mit meinem Kind, auch in einer Praxis eines Logopäden.
Ich möchte teilhaben am Erfolg und der Entwicklung meines Kindes.
Ich bin davon überzeugt, dass ein Logopäde im seiner eigenen, gut ausgestatteten Praxis besser auf unsere Kinder eingehen kann und den Erfolg schneller und gründlicher erzielen kann.

Hat nicht unsere Selbstsucht in Beruf, Familie und Gesellschaft dazu geführt, dass unsere junge Generation nun darunter leiden soll ?

S.Sch., 14-10-12 14:03:
Ich arbeite als Logopädin in einem SPZ - es ist immer wieder "erschreckend", wie wenig die Eltern über die Therapie, deren Schwerpunkte und den Verlauf Ihrer Kinder wissen, wenn diese in einer EInrichtung stattfindet. Oft kennen die Eltern noch nicht einmal den Namen der/des Logopäde(i)n !!! Auch die Kinder kennen diesen nicht. Angeforderte Zwischenberichte liegen oft nicht vor, oder sind sehr allgemein in einen gesamten Entwicklungsbericht eingebettet. Viele Eltern geben auch zu, dass sie keine Ahnung haben, was in der Therapie läuft. Sie haben häufig noch nie mit der/dem Therapeutin/en gesprochen. Dies kommt natürlich in freien Praxen so nicht vor, wenn auch hier gelegentlich Ahnungslosigkeit über die Therapie herrscht. Für mich ist es oft schwer eine Einschätzung zum Verlauf zu geben oder auch eine weitere Empfehlung auszusprechen, wenn ich im Prinzip keine Informationen über die Therapieinhalte/-verlauf habe. Auch Telefonate mit den Logopäden/innen in den Einrichtungen sind oft schwer zu realisieren, da die Behandler nicht gut erreichbar sind, oder auch wechseln.
Insgesamt geben Eltern, die mit Ihren Kindern in Praxen sind, wesentlich besser Inhalte der Therapie wieder - sie wirken informierter und differenzierter. Im Sinne einer effektiven und effizienten Therapie sind die Eltern ein Schlüsselpunkt, der aus meiner Erfahrung in Einrichtungen deutlich vernachlässigt wird oder leider gar nicht stattfindet! So dauern Therapien länger, was mehr Kosten verursacht und auch das Berufsbild der Logopäden negativ beeinflussen kann.

Maria, 13-10-12 18:49:
Ich möchte mich den vorherigen Beiträgen anschliessen. Es ist fragwürdig in Einrichtungen Therapie anzubieten.Die Qualität und Flexibilität ist nicht gewährleistet. Auch bleibt die Beratung und Mitarbeit der Eltern auf der Strecke.Eltern müssen möglichst genau angeleitet werden, was und wie mit dem Kind geübt werden soll und auf welche Weise auf Fehler aufmerksam gemacht und verbessert werden darf.Das geht nicht einfach mit ein paar Notizen oder per Telefon.Es ist unverantwortlich vom dbl, die Öffnung für Therapien in Einrichtungen zu unterstützen.
Logopädin Praxis + Integrativ-Kiga, 11-10-12 15:31:
Ich bin Logopädin in eigener Praxis und versorge die Integrativgruppe eines Kindergartens (6 Kinder).

Ich möchte nicht nochmals auf die schon genannten Probleme eingehen, die schon eingehend in den letzten Beiträgen diskutiert wurden. Ich kann aber sagen, daß es kein Argument GEGEN die Therapie in Kindergärten gab, das ich nicht VOLL unterschrieben würde. Der Unterschied der Therapien ist RIESIG !

Ein Gegen-Argument, das noch nicht soviel Aufmerksamkeit bekommenn hat, ist die Tatsache der deutlich schlechteren Flexibilität innerhalb der Therapien:
in meiner sehr gut ausgestatteten Praxis ist für jeden Therapiestufe und - anforderung geeigntes Material sofort greifbar. Ich kann das
Niveau je nach Tagesform des Kindes steigern und reduzieren.

In den Therapien im Kiga ist dies einfach aus Gründen des fehlenden Materials nicht möglich. Die Planung für das jeweilige Kind steht fest - bei 6 Kindern ein großer Mehraufwand, das Material zusammenzustellen, vorzubereiten und auch der Transport des Materials ist nicht unerheblich -

WER ZAHLT DIESE ZUSÄTZLICHE ZEIT ???

Ist die geplante Tehrapie nicht durchführbar (was, wie wir wissen, oft vorkommt aus den verschiedensten Gründen), ist die Flexibilität, die meines Erachtens einen Großteil der qualitativ hochwertigen therapeutischen Arbeit ausmacht, nicht zu gewährleisten.

Ein weiterer Aspekt aus dem Alltag :
das mitgenommene Material fehlt in der Praxis- die Kolleginnen können es nicht nutzen und sind ebenfalls massiv in ihrer Flexibilität eingeschränkt. DAFÜR schaffe ich mir nicht das teure Material an !
(Gleiches gilt für Diagnostik- Material : es wird selbstverständlich erwartet, daß auch dieses von mir in den Kiga mitgebracht wird....!)

Die angeblich mögliche einer Praxis vergleichbaren Ausstattung der Einrichtungen ist ABSOLUT REALITÄTSFERN !

WER SOLL DAS BEZAHLEN ??? WOFÜR HABEN WIR DIE AUFLAGEN DER PRAXISAUSTATTUNG ???

Ich spreche aus Erfahrung - die Logopäden schaffen sich mit einer Öffnung für Therapien in Einrichtungen ihr eigenes Grab !

Iris, 21-10-12 19:53:
Die überproportionale Ablehnung von logopädischen Therapien in Regeleinrichtungen mit allen diesbezüglichen Argumenten möchte ich ebenfalls unterstützen. In den letzten 12 Jahren haben sich zunehmend Kinder in meiner Praxis eingefunden, die zuvor in Regelkindergärten von fahrenden Therapeuten, auch aus Nachbarstädten, logopädisch versorgt wurden. Fast immer konnten diese von Eltern und Kindern namentlich nicht benannt werden. Der Umfang der telefonbuchdicken Arbeitshefter stand in keinem Verhältnis zu den erreichten Ergebnissen. Es war so gut wie nicht möglich Informationen von involvierten Kollegen zu bekommen.
Eine gute, engagierte und vertrauensvolle Zusammenarbeit, auch mit berufstätigen Eltern, ist in all den Jahren immer möglich gewesen. Eltern oder andere Bezugspersonen des Kindes waren und sind in meinen Therapien immer anwesend und erleben Fortschritte und Hindernisse hautnah.
Therapeuten mit Kassenzulassung haben zudem Vertragsvereinbarungen unterschrieben und diese einzuhalten. Es kann nicht angehen, dass Kollegen,die sich daran halten, sich Sätze wie diesen anhören müssen:"Ich weiß auch nicht, warum manche Logopäden einen Fuß in der Tür von Kindergärten haben und andere nicht!" Dieser vor kurzer Zeit geäußerte und nicht bös gemeinte Satz macht schon sprachlos, verschlägt den Atmen und zeigt die eklatante Wirkung, die dies bzgl. der Qualität in der Öffentlichkeit hat. Ich hoffe und wünsche mir,ebenso wie viele andere, dass der dbl die Interessen derjenigen, die qualitativ hochwertige Arbeit in ihren Praxen leisten, unterstützt und Vertragsbrüche ahndet, denn auch dies hat mit der Sicherung von Qualitätsstandards zu tun!

Petra, 20-10-12 12:32:
Ich bedanke mich bei den Kollegen, die diese Diskussion angestoßen haben und klar Stellung gegen Therapie im Kindergarten beziehen. Alle bereits genannten Argumente hinsichtlich Qualität, Elternarbeit, Flexibilität, etc. kann ich aus eigener Erfahrung voll und ganz unterstützen. Deswegen freue ich mich über die vielen klaren Stellungnahmen gegen die Öffnung im Gesetz. Ich sehe es als sehr kritisch und im Grunde unverantwortlich, wenn der dbl es den Logopäden selbst in die Hand gibt, über den Therapieort und die Wahrung der Qualität zu entscheiden. Leider ist die wirtschaftliche Situation der freien Praxen so unsicher geworden, dass finanzielle Aspekte oder das Überleben der eigenen Praxis diese Entscheidungen maßgeblich beeinflussen werden.
Ich fordere den dbl auf, unsere Interessen zur Wahrung unseres Berufsstandes und der Sicherheit der freien Praxen und deren Mitarbeiter zu vertreten.

Britta, 20-10-12 00:31:
In vielen europäischen Ländern sind LogopädInnen an Schulen und Kindergärten angestellt. Nur bei uns wird Sprachförderung in zum Teil wenig geschulte Hände gelegt und damit häufig Therapie zunächst nicht angesetzt (Zumindest in Ba-Wü). So lange LogopädInnen nicht vom Staat in Schulen und KiTas eingesetzt werden, ist es aus meiner Sicht durchaus sinnvoll, aus der Praxis heraus in Einrichtungen zu gehen. So werden die Kinder mit Therapiebedarf rechtzeitig versorgt und gehen nicht in der "Sprachförderung" unter. Zudem finden die Therapie wie bei Hausbesuchen im realen
Umfeld des Kindes statt. Hier können mit Hilfe von Pädagogen Therapieinhalte im Alltag implementiert werden.

Hannah, 19-10-12 10:03:
Ich finde, dass hier klar zwischen Regel- und integrativen Kindern unterschieden werden muss:
Integrative Kinder = Komplexe Störungsbilder in verschiedenen Entwicklungsbereichen (sozial-emotiaonal, kognitiv, motorisch, sprachlich..). Diese Kinder erfordern ein interdisziplinäres Team aus Motopäden, Logopäden und dem pädagogischen Fachpersonal. Hierbei ist eine qualitative Arbeit nur möglich über die Festanstellung der Therapeuten im integrativen Kiga. Dann sind Therapieräume vorhanden, Elternarbeit ist möglich und die Begleitung im Kiga-Alltag, sowie der Austausch mit dem pädagogischen Fachpersonal ist gewährleistet.
Die Regelkinder gehören für mich in die Praxis, weil die Rahmenbedingungen von denen ich bereits gesprochen habe im Kiga nicht gegeben sind.
Ich wünsche mir als festangestellte Therapeutin im integrativen Kiga auch keine Behandlung auf Rezeptbasis, weil dies eine Verschlechterung der Qualität unserer Arbeit bedeuetet.
Man gehört nicht mehr feste zum Team und muss sich flexibel in den Alltag anpassen und dies ist auf Rezeptbasis nicht möglich!
Ein bestehen der integrativen Kita mit festangestellten Therapueten und das Bestehen der niedergelassenen Praxis ist wünschenswert!!

Frauke, 17-10-12 20:27:
Seit Jahren beobachte ich eine zunehmende Vermischung der Begrifflichkeiten "Therapie" und "Förderung". Diese Vermischung geschieht nicht nur unter Laien, Ärzten, Politikern oder in den Medien, sondern auch in Schulen, Kitas und erschreckenderweise sogar manchmal auch unter Logopädinnen. Ich halte eine eindeutige Abgrenzung der Fachbereiche Pädagogik/Förderung und Therapie für dringend notwendig. Wir schaden uns , wenn wir uns immer mehr öffnen , zulassen , vermischen, anpassen , abgeben , weglassen - bis wir unsere Qualität als LogopädInnen schließlich im Bereich Kindertherapie aufgelöst haben . Ich halte das Therapieren in Einrichtungen für schlecht, weil wir dort nicht die Bedingungen und die Qualität vorfinden und schaffen können, die wir für eine erfolgversprechende Therapie benötigen (fachliche Kompetenz, Raum, Material, Ruhe, Zeit, Elternarbeit/-kooperation, Kontinuität, angemessene Bezahlung)

Charly, 24-10-12 07:37:
Ich arbeite seit mehreren Jahren in Kooperation mit der Frühförderung auch im Kindergarten. Die Räumlichkeiten mußten von der Krankenkasse genehmigt werden und ich achte tunlichst darauf, dass das erforderliche Material zur Verfügung steht. Zum Teil dadurch, dass ich es selbst vor Ort gelagert habe, zum Teil dadurch, dass ich es von der Einrichtung habe anschaffen lassen.
Den Qualitätsanspruch an meine eigene Arbeit stelle ICH sicher. Auch in den Praxen herrschen zum Teil beängstigende Zustände....nur guckt da kein "Fremder".
Klar ist eins Regelkinder in der Besenkammer geht gar nicht. Aber vielleicht gibt es durchaus Möglichkeiten und Wege die Wünsche an Qualität und Elternmitarbeit, sowie die angemessenen Räumlichkeiten unter einen Hut zu bringen. Wie gesagt, bei uns klappt das gut. Sind allerdings alles KEINE Regelkinder (was für das Thema ja erstmal nicht unbedingt einen Unterschied macht.) Ich finde es irgendwie spannend zu lesen, dass Kollegen hier unter katastrophalen - so schenit es - Bedingungen im KiGa arbeiten ohne den Schneid zu haben sich dagegen zu wehren und ganz klar auf die eigene Qualität zu achten.
Übrigens kommen die Kinder alle gerne (auch aus dem Gruppengeschehen) in die Therapie und wenn mal ein Geburtstag ist und es grade nicht passt, dann schieben wir....sind ja nicht in allen Gruppen gleichzeitig Geburtstage.

W I G., 24-10-12 00:35:
Welcher Logopäde, der in der Kita therapiert, kann für die Einhaltung seiner Qualitätsstandards garantieren? Gibt es immer geeignete Räumlichkeiten? Ist immer alles benötigte Material sofort zur Stelle und dabei, falls sich ein Therapiekonzept spontan ändert? Was ist, wenn das Kind die Zeit mit dem Logopäden "doof" findet, weil es gerade aus einer Geburtstagsfeier oder AG raus soll? Und wie ist der Elternkontakt???
Als betroffene Mutter bin ich froh, mein Kind in die Praxis begleiten zu können, denn außer dem mir immer sichtbaren Fortschritt macht es auch Spaß, mein Kind mal in anderer Umgebung zu erleben und wir machen dann einen halben Vormittag eine Mutter-Tochter-Veanstaltung daraus. Wichtig ist mir auch, dass ich immer dran bin am Geschehen und weiß, was wir spielen dürfen (müssen)...
Ich habe große Zweifel, dass die Kommunikation Logopäde-Eltern in dieser Weise so gut funktionieren würde, wäre die Behandlung im Kindergarten.
Im Sinne aller Patienten wünsche ich mir, dass logopädische Therapie nicht unter die selbst gesetzten Qualitätsstandards abfällt- meines Erachtens ist der richtige Ort immer noch die Praxis!
Noch ein kleiner Kommentar zu Andreas' Beitrag vom 14.10.2012: der Vergleich mit der DDR hinkt thematisch fürchterlich, denn schließlich geht es nicht um das kollektive Töpfchensitzen, sondern um die Umstände der Sicherstellung einer erfolgreichen logopädischen Therapie.

Christiane, 23-10-12 21:23:
@Hanna: Die Leistungen zur Inklusion sind meiner Erinnerung nach in SGB IX geregelt. Selbstverständlich müssen wir als Berufsgruppe darum kämpfen Leistungen nach SGB IX nicht komplett den Pädagogen
zu überlassen. Schaffung fester Stellen an den Landratsämtern, in den Einrichtungen, in der Frühförderung etc ist also in diesem Bereich die berufspolitische Aufgabe des Verbandes.

Sprachtherapie zu Lasten der GKV und auf ärztliche VO ist in SGB V geregelt. Dies sind keine Leistungen von Inklusion oder Rehabilitation sondern Krankenbehandlungen und haben in der Regel in den Praxen zu erfolgen. Hier ist meiner Meinung nach Aufgabe des Verbandes Thema, die illegalen Behandlungen in den Einrichtungen zu unterbinden und alle damit alle korrekt arbeitenden und abrechnenden KollegInnen zu schützen.

Im Übrigen: wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, wurde vor einigen Jahren ein Verbandsausschlussverfahren gegen eine Landesverbandsvorsitzende aus den neuen Bundesländern eingeleitet, da sie Behandlungen in Kindertagesstätten erbracht hat.

Und nun? Jetzt öffent der dbl mit dem leicht misszuverstehenden Positionspapier dem Vertragsbruch indirekt Tür und Tor.

Hanna, 23-10-12 15:02:
Auch unter der Perspektive der gesetzlich von Deutschland zu ratifizierenden Inklusion, sollten wir Logopäden uns nicht die Tür zum Handeln in Einrichtungen selbst geschlossen halten. Selbstverständlich ist der momentane Zustand ein ungünstiger, weil vager für Logopäden in freier Praxis. Dafür müssen gesetzliche Rahmenbedingungen - wie im Positionpapier gefordert - geschaffen werden. Daran sollten wir uns aber eher beteiligen, als sie abzulehnen. Ansonsten werden den Bereich Kindersprache in Zukunft als worst-case-scenario komplett andere Berufsgruppen im Rahmen der Inklusion übernehmen, die bereits wesentlich einrichtungs-affiner von Ihrer Ausbildung her angelegt sind (Sprachtherapeuten / Sprachheilpädagogen).

Nina, 23-10-12 11:30:
Auch ich sprehe mich klar gegen Therapien im Kindergarten aus.
Es ist erschreckend, dass der DBL seine
Mitglieder nicht eindeutig auffordert,
unterschriebene Vertragsvereinbarungen
einzuhalten. Vertragsbrüche werden so
einfach toleriert.Wie kann der DBL Vortand eine Öffnung im Gesetz vorantreiben, ohne die mehrhaltliche
Zustimmung seiner Verbandsmitglieder überhaupt erfragt zu haben.

Elke, 06-10-12 14:25:
Auch ich sage heute ein ganz klares NEIN zu Therapien innerhalb von Einrichtungen!
Zur Vorgeschichte:
Vor einigen Jahren wurde ich von einem I-Kindergarten gefragt, ob ich logopädische Therapie in des Kindergartens durchfühen würde, was ich auch zusagte. Es handelte sich um 3 I-Kinder, die ich dort behandeln sollte. Mein 'Arbeitsplatz' stellte sich als ein ca. 2x2² großer Durchgangsflur dar, der nur mit einem Vorhang von der Bewegungshalle abgetrennt war (auf der anderen Seite des Vorhangs war der Mitarbeiterraum). Als ich bei meinem ersten Therapieeinsatz 'mein' Therapiekind aus der Gruppe holen wollte, wurde mir von der Leiterin klargemacht, dass ja das Hauptargument der Integration sei, GEMEINSAM zu lernen, und ich deshalb KEINE Einzeltherapie durchführen sollte. Ich sollte immer einen Freund des Kindes in die Therapie mitnehmen!!! Das Therapiekind konnte sich aus ca. 12 Bewerbern eines aussuchen. Wir gingen also in unseren Therapieflur und ich versuchte, die Therapie bei meinem I-Kind durchzuführen. 'Versuchte' sage ich deshalb, weil das andere Kind sprachlich natürlich deutlich fitter war und die Therapie absolut dominierte. Nachdem ich einige Stunden in dieser Art für mich sehr unbefriedigend gearbeitet habe, sagte ich, dass ich die Therapie so in der Zweierkonstellation nicht mehr machen würde. Die Antwort: "Die anderen Therapeuten würden sogar die Therapie im Gruppenraum durchführen!"...
Ein anderes Problem war die Elternarbeit und Elterninformation,auch dieser Bereich für mich absolut unbefriedigend. Ich wollte mir die Eltern/Mutter zu meiner Therapiezeit in den Kindergarten bestellen, was aber im Kindergarten auf heftige Ablehnung stieß: Die Eltern würden ja ihre Kinder in den Kindergarten geben, und würden sich darauf verlassen, dass sie dann keine Verpflichtung hätten, möglichst jede 2te Woche z.B. zwischen 10.00 und 10.40 in die Einrichtung zu kommen.
Für mich als Logopädin in eigener Praxis war diese elternferne Therapie undenkbar.
Zuletzt kam noch der Wunsch der Einrichtung, doch möglichst auch die anderen Nicht-I-Kinder zu behandeln, die eine Verordnung bekommen würden. (Wäre doch ein toller Service für die Eltern, nicht auch noch in eine Praxis fahren zu müssen...)
Meine Zeit in diesem Kindergarten wärte nur kurz, da ich mit meinen 'unverschämten' Forderungen immer aneckte, und schnell meine weitere Arbeit aufsteckte.

> Für mich ist es unerlässlich, ein Kind, das so auffällig ist, das es als I-Kind deklariert wird, in einer reizarmen und ruhigen Umgebung zu therapieren. Zum anderen habe ich in JEDER Therapiestunde Kontakt zu einem Elternteil. Mindestens ein kleines Vor- und Nachgespräch, oft aber auch die Anwesenheit und ggf. Mitarbeit/Mitspielen.
Zum anderen finde ich es mehr als fragwürdig, wenn die Vorgabe, nur I-Kinder zu therapieren, umgangen wird, nach dem Motto: Go in and take all!

Mein Standpunkt gegenüber Therapien in Einrichtungen ist in meiner Praxisumgebung (Norddeutschland) wohlbekannt und ich werde (zum Glück!)gar nicht mehr gefragt.
Ich weiß aber auch, dass fast alle meiner Mitbewerber sich freuen, die Kindergärten abzugrasen und dort alles therapieren, was sie in die Finger kriegen.

Die Eltern sollte man nicht komplett aus der Verantwortung nehmen. So ganz unschuldig sind einige Eltern ja auch nicht an der SES ihrer Kinder. Die Erkenntnis 'Sprechen lernt man durch Sprechen' geht immer mehr verloren. Wenn denn das Kind im Brunnen liegt, suchen manche eine Reparaturwerkstatt möglichst ohne eigene Mitarbeit. Die Aussage des Kinderarztes 'Logopädie to go' ist ein guter Ausspruch.

Im Positionspapier vom dbl steht, das 'ausnahmsweise' die Therapie in der Einrichtung stattfinden sollte. Was heißt das? Wer bestimmt über die Ausnahme? Im Endeffekt will jeder sicherlich nur für sich (ganz ausnahmsweise!!!) die Ausnahmeregelung beanspruchen.
Ich bin für eine klare Aussage:
SprachFÖRDERUNG soll und muss im Kindergarten genauso wie im Elternhaus stattfinden!
SprachTHERAPIE nur und ausschließlich in der logopädischen Praxis!

Eberhard, 04-10-12 22:57:
Als Kinder- und Jugendarzt bin ich überhaupt nicht glücklich mit der Therapie in Kindergärten und Tagesstätten. Je nach Laune habe ich auch schon ganz andere Begriffe verwendet. Die Argumente für und gegen sind in den bisherigen Stellungnahmen in der Breite dargestellt. Arbeitende Eltern, Kinder bis 16 Uhr in der Einrichtung, etc. Die Argumente gegen die Therapie in Einrichtungen wiegen für mich schwerer. Die Arbeit mit den Eltern kann nicht so gut sein wie in der Praxis. Therapie läuft nicht nur auf der rationalen Ebene, sonder auch auf der emotionalen, mit dem Kind und mit den Eltern. Wie lässt sich ein vertrauensvolles Verhältnis aufbauen, wenn die Eltern nicht einmal wissen wie die Therapeutin heißt oder wie sie aussieht? Es gibt natürlich Eltern, denen diese Möglichkeit des Outsourcings der Verantwortung für die Therapie sehr entgegenkommt. Sie gehen den Weg des geringsten Widerstandes. Wenn Sie die Möglichkeit anbieten, und sie wird in den Kindergärten als absolut gleichwertig angeboten, dann werden die Eltern diese Möglichkeit ergreifen. Tun Sie den Kindern etwas Gutes, wenn Sie diesem Trend entgegenkommen oder heizen Sie ihn nicht noch an?
Entwerten Sie nicht Ihre Arbeit, wenn Sie sich mit der zweitbesten Lösung zufriedengeben? Wenn Sie beweisen, dass es auch so geht, wird das bald der neue Standard und irgendwann weiß keiner mehr, welche Qualität Logopädie mal hatte.
In den USA gibt es schon die Möglichkeit, in der Shopping-Mall schnell mal im Vorübergehen zum Arzt oder zur Nurse zu gehen, statt sich mühsam einen Termin beim Kinderarzt in der Praxis geben zu lassen. Bald auch für die Logopädie, sozusagen Logopädie to go?

Sibylle, 03-10-12 18:56:
Ein ganz klares "NEIN".zum Thema logopädische Therapie in Kitas.
Ich arbeite als Sprachförderkraft in RLP 3 Stunden die Woche in einer Einrichtung und erlebe jede Woche was es bedeutet in ungünstigen Räumen bei einem hohen Lärmpegel in der Kita arbeiten zu müssen.
Außerdem: schon jetzt kommen Kollegen aus der Stadt hier in den ländlichen Bereich und therapieren in Regelkitas mit dem Argument "dort ist ja ein I-Kind, dann darf ich.".Meine Patienten aus der Praxis wechseln zu der Variante "Logopädie ohne Anwesenheit der Eltern in der Kita" und der Praxis fehlen immer mehr die Patienten. Bequemlichkeit und Quantität (Räume, Material, ...) gewinnt gegenüber Qualität. Das darf MEIN Verband nicht unterstützen.

Elisa, 03-10-12 13:31:
Ich therapiere in Kindergärten und bin froh, dass es nun in speziellen Fällen die Möglichkeit dazu gibt. Kinder von berufstätigen Kindern, die sonst erst nach 17 Uhr gebracht wurden werden nun zu einer Zeit therapiert, in der sie aufnahmefähig sind.
Kontakt mit den Eltern halte ich regelmäßig telefonisch.
Der Kontakt zu den Erzieherinnen ist ohne Ausnahme gut, manchmal gelingt es sogar einen Mitarbeiter des Kindergartens als Cotherapeuten zu gewinnen.
Das nötige Material ist in wenigen Handgriffen eingepackt, ob ich es in der Praxis in mein Zimmer oder ins Auto trage spielt keine Rollen.
Derzeit gibt es keine Bezahlung für meine Fahrkosten. Ich hoffe durch dieses Positionspapier künftig den Aufwand vergütet zu bekommen.
Therapien für alle Kinder in Einrichtungen befürworte ich nicht, doch es sollte der Entscheidung der Eltern und Therapeuten unterliegen, wann es sinnvoll ist.

Beate Studener, 02-10-12 21:27:
ich schließe mich im großen und ganzen meinen Vorgängern an.
Ich habe auch Erfahrungen mit Therapien in Fördereinrichtungen gemacht und die
Voraussetzungen sind wirklich nicht optimal.
Man hat zwar einen Raum zur Verfügung, aber das wars auch schon.
Gerade die Kinder in Fördereinrichtungen brauchen ein ruhiges störungsfreies Umfeld, dieses
hat man aber nicht.Auch müsste man regelmäßigen Kontakt zu den Eltern haben und sie auch in die Therapien einbinden. Meine Erfahrungen zeigen, dass das nicht funktioniert. Ich habe das Gefühl, dass sich viele Eltern bei dieser "Rundumbetreuung" immer mehr aus der Verantwortung ziehen. (Ausnahmen bestätigen die Regel)
Ich will damit sagen, dass dieses Patientenklientel eigentlich in die ambulante Praxis gehört!!
Es funktioniert somit schon kaum in Fördereinrichtungen!!
So und nun sollen auch noch Kinder die keinen zusätzlichen Förderbedarf haben, sprich in eine normale Kita gehen, auch vor Ort behandelt werden
können?
Es gibt auch im meinem Einzugsbereich schwarze Schafe, die in Kitas therapieren. Die Eltern halten alle zusammen, damit nichts nach außen dringt. Tolle Sache!!
Abgesehen davon ist es schlicht unkollegial.
Ich habe viel Geld in meine Praxen investiert und habe das nötige new how zur Verfügung um optimal therapieren zu können. Qualitätssicherung wird bei uns groß geschrieben.
Wer bezahlt meine Miete, wenn ich vielleicht 2 Tage in einer Einrichtung bin?
Ich fordere den dbl auf, sich für uns
Freiberufler einzusetzen und unsere
Existenz zu sichern, statt uns ein
Grab zu schaufeln, denn das würde passieren, wenn man Therapie in Kindergärten legalisiert und wie schon von anderen Diskussionspartnern erwähnt, die Qualität bleibt auf der Strecke!
In Bezug auf das Positionspapier bin ich mir schon im Klaren, dass es bei den arbeitmarkt-u. familienpolitischen Entwicklungen zu Veränderungen kommen muss und wird, die wir Logopädinnen/en nicht aufhalten werden können.
Daher ist der dbl in einer ganz großen Veranwortung seinen Mitgliedern gegenüber.
Wie schon auf der Freiberuflersitzung in Nürnberg ein Mitglied zu recht äußerte: " der Vorstand wird (bis zum nächsten dbl- Kongress) an seinen Taten gemessen."

Ulrike, 02-10-12 16:29:
Ich spreche mich ebenfalls klar GEGEN Therapien in Einrichtungen aus. Als angestellte Logopädin habe ich viel Erfahrung damit gemacht, unter welchen Bedingungen diese Therapien oft stattfinden. Die Forderungen zur Sicherstellung eines ;Mindestmaßes an Qualität des Positionspapiers halte ich für unrealistisch. Wie soll ich als Therapeutin entscheiden, ob der jeweilige Kindergarten als Therapieort wirklich geeignet ist? Plakativ gesagt: Wenn ich die Therapie dort nicht mache, dann kommt halt ein anderer Logopäde!“ Bei der aktuellen wirtschaftlichen Lage vieler Praxen, wäre das doch der Alltag. So möchte ich nicht arbeiten!
Wie viele Kolleginnen schon angemerkt haben, ist die Elternarbeit ein unerlässlicher Bestandteil der Therapie. Eine, wie im Positionspapier geforderte die Therapie begleitende, intensive und systematische Beratung und Anleitung ist meiner Erfahrung nach, im Kindergarten einfach unmöglich.

Leider haben sich noch keine Kinderärzte zu Wort gemeldet. Ich kann nur für die Regionen sprechen, in denen ich tätig war bzw. bin (Dresden bzw. Umland von Bremen), aber hier besteht auch unter den Kinderärzten eine klare Haltung GEGEN Therapien im Kindergarten!

Angelika, 01-10-12 22:19:
Hier meine Stellungnahme zu diesem Thema.
Die Durchführung logopädischer Therapien ist gesetzlich, vertraglich geregelt. Sie soll nach dem Rahmenvertrag der Primärkassen und Ersatzkassen nur in den zugelassenene Praxen und nach ärztlicher Verordnung erfolgen.Bei der Zulassung werden Bedingungen gestellt, die zu erfüllen sind, aber es wird nicht beachtet,wie die Therapien in den Einrichtungen durchgeführt werden können.
Wenn es ein Qualitätsmerkmal für Logopädie gibt und das in Zukunft auch bleiben soll, so bin ich nicht dafür,dass in Einrichtungen Therapien durchgeführt werden.In den Kindergärten soll eine gute Frühförderung stattfinden.Meine kritischen Anmerkungen stammen aus einer Zeit,wo ich als angestellte Logopädin in Kindergärten geschickt wurde.Ein Problem sind sicherlich die geänderten Lebensbedingungen von Familien, die eine optimale logopädische Versorgung erschweren.

Meine Negativpunkte
1. Räumlichkeiten nicht geeignet( Büro, Mehrzweckraum,Küche)
2.Elternkontakte meistens eingeschränkt oder nicht möglich (Beratung,Anleitungen zum häuslichen Üben erschwert).
3. Austausch mit den Erziehern aus Zeitgründen kaum möglich.
4.Material muss mitgebracht werden.Brauchen wir noch gut ausgestattete Praxen?
5.Kinder werden aus dem Spielgeschehen rausgeholt. Störfaktor Logopädie
6.Freie Therapeutenwahl wird aufgehoben.
7. Wenige Logopäden besetzen viele Einrichtungen. Wettbewerbssituation.
8.Einrichtungen schmücken sich mit dem Angebot Logopädie anbieten zu können. 9.Abhängigkeit zu Einrichtungen ist möglich.
10. Die Selbständigkeit der Logopäden ist in Gefahr.

Ich hoffe,dass bald eine Entscheidung getroffen wird,die Klarheit schafft und das Klima unter den Logopäden sowie Sprachtherapeuten verbessert.

Mel, 01-10-12 20:08:
Ich muss auch ein ganz klares Nein zu Therapien in Einrichtungen aussprechen! In vielen Therapien ist es doch sogar kontraproduktiv, die Therapien in der Einrichtung und ohne regelmäßige Mitarbeit der Eltern durchzuführen. Was sollte man beispielsweise bei einem stotterndem Kind machen? Zum einen haben Erzieherinnen im Kindergarten- und Schulalltag keine Zeit, sich täglich mit einem Kind speziell und einzelnd zu beschäftigen und zum anderen fehlt dabei wohl auch der gesamte theoretische Hintergrund, da die Erzieher wohl kaum regelmäßig an den Therapien teilnehmen können. In einem kurzen Gepräch zwischen Tür und Angel sind solche Inhalte wohl auch nicht zu vermitteln. Eine effektive und sinnvolle Therapie kann hier also nur mit der Mitarbeit der Eltern erfolgen! Sowohl beim Stottern, als aber auch bei allen anderen Störungsbildern, sollten die Kinder zunächst die Möglichkeit haben, das Gelernte in einer "sicheren" Umgebung auszuprobieren und festigen zu können. Das ist wohl in der Regel das eigene zu Hause. Da ich aus eigener Erfahrung weiß, dass solche Einzelsituationen in Kindergärten und Schulen nicht regelmäßig geschaffen werden können, gleicht ein "Üben" in der Gruppe oder der Klasse eigentlich immer einem Vorführen des Kindes, was wohl in den seltensten Fällen von den Kindern positiv aufgenommen wird.
Ich habe auch schon des Öfteren mit stotternden Kindern die Schule besucht und an einer Unterrichtsstunde teilgenommen. Da man ja zunächst in der Therapie einige Dinge eingeübt hat, reicht dann meistens ein Gespräch mit den Lehrern in der Stunde, um die bereits gelernten und zu Hause gefestigten Inhalte auch im Schulalltag umsetzen zu können. Dazu muss das Kind aber zu Hause, in einer für ihn sicheren Umgebung, das Selbstvertrauen aufgebaut haben, dass es sich traut, neue Sachen auch in anderen Umgebungen und Situationen auszuprobieren.
Ohne die regelmäßige Mitarbeit der Eltern geht es nicht und das kann nur in der Praxis gewährleistet werden!

Angela, 01-10-12 14:35:
Ich kann mich den vorherigen Beiträgen nur anschließen. Ich sage auch ein klares "Nein" zu den Therapien in den Einrichtungen. Den Kindern ist mit den Therapien in den Einrichtungen nicht geholfen. Es geht dabei nur um Einrichtungen die ein breites Leistungsangebot präsentieren wollen, um Eltern die ihre Kinder in die "Reparatur" geben wollen und um Therapeuten die sich auf Kosten ihrer kleinen Patienten bereichern wollen.
Ich finde der dBl sollte sich für die Kinder einsetzen und die Behandlungen in den Praxen verteidigen. Ich nehme meinen Beruf sehr ernst und möchte als Heilmittelerbringer, der aufgrund einer ärztlichen Verordnung tätig wird, mich nicht mit der Musikschule, Kindergeburtstagsfeier usw. im Kiga um meinen Patienten streiten müssen.

Kathrin, 01-10-12 13:15:
Auch ich möchte Elisabeth und 'Logopädin' voll zustimmen. Ich verstehe das Engagement des Vorstandes für die Therapie in Einrichtungen nicht. Die Argumentation Pro ist fadenscheinig und dünn. Die wirtschaftlichen Interessen der niedergelassenen LogopädInnen können langfristig doch nur mit einer hohen Qualität der Arbeit gesichert werden.
Wo bitte sind gute Gründe für die Therapie in der Einrichtung.

Diethild  01-10-12 12:27:
Sehr interessant, dass sich die Befürworter der Therapien in Einrichtungen hier nicht zahlreicher zu Wort melden.

Oder liegt es vielleicht daran, dass es kaum Argumente dafür gibt? Sind vielleicht doch viele von Ihnen bereits unerlaubterweise tätig und trauen sich von daher nicht so recht, sich zu Wort zu melden?

Dieses Forum ist anonym, der Name muss nicht erscheinen. Von daher bitte ich alle, auch die Befürworter, nicht auf Beiträge zu verzichten, nur weil manches schon geschrieben wurde!

Leider hat sich noch kaum eine Kita zu Wort gemeldet.

Julia, 30-09-12 15:22:
Hierzu möchte ich uneingeschränkt zustimmen !
NEIN zu Therapien in Einrichtungen, die unter dem Deckmantel der Sicherung von Therapien für sonst angeblich unversorgte Kinder die eigenen Konten füllen.
DAS ist das Hauptargument FÜR die Öffnung und nichts anderes !
Sonst würden nicht so viele Praxen bereits illegal diesen Weg gehen. Das geschieht doch nicht aus Menschenfreundlichkeit ! Ein solch unkollegiales Verhalten DARF NICHT von unserem Verband stillschweigend toleriert werden.
Wo bleibt da die hochgelobte Qualität ???

SABINE, 28-09-12 12:37:
An: Logoädin 27.9.12 20:09 :
ich pflichte Ihnen bei!
Der dbl muss gegen Kollegen tätig werden, die die derzeitige Situation dazu benutzen, sich zwischen den Einrichtungen und den freien Praxen zu plazieren. Die Therapie in Regelkindergärten muss die Ausnahme bleiben.

Steffi, 27-09-12 21:44:
Erschreckend oft hört es sich hier für mich an, als würden durchaus einige Kollegen bereits unerlaubt in Einrichtungen therapieren. Das Argument, daß Eltern sich durch Therapie in der Kita intensiver ihrem Kind widmen könnten, ist ja wohl ein Witz. Wie könnte man das denn besser, als sein Kind zu einer notwendigen Behandlung zu begleiten und Hinweise für zu Hause mitzunehmen?
Wenn Eltern es nicht ein Mal die Woche
in die Praxis schaffen, wie wird dann wohl die Mitarbeit zu Hause aussehen? Compliance gleich Null!
Und warum eigentlich einheitliche Zulassungskriterien für alle Praxen, wenn in den Einrichtungen zwischen Abstellkammer und Turnhalle alles möglich ist?
Seid doch ehrlich: es geht hier um Geld und nicht um die Kinder! Alle die mit den leergefegten Vormittagen hier argumentieren, sagen damit nichts anderes! Das ist wirklich traurig!
Hier demontiert sich ein Berufsstand mit Hilfe seines eigenen Berufsverbandes selbst!
Sollte der dbl sein Positionspapier mit der Forderung nach Therapie in Einrichtungen so durchbringen, werde ich meine Mitgliedschaft in diesem Veband endgültig abschreiben.

Logopädin, 27-09-12 20:09:
Ich möchte mich hier vor allem äußern zum qualitativen Unterschied zwischen den Therapien in meiner Praxis und denen im integrativen Kindergarten, in dem unsere Praxis mit einer halben Stelle angestellt ist und den wir nun seit einigen Monaten versorgen.

1. Es ist im Kindergarten UNMÖGLICH, die Flexibilität der Materialien zu gewährleisten, die mir in der Praxis zur Verfügung stehen.

2. Die Elternarbeit WÜRDE ich gerne machen,aber durch die Zeiten, in denen ich im Kiga arbeite, sehe ich die Eltern NIE. Es herrscht eine unglaubliche Erwartungshaltung, das Kind ohne eigenen Aufwand "repariert" wieder abholen zu können.

3. Die Eltern, die ihr Kind in die Praxis bringen, haben alleine dadurch einen großen Einfluss auf die Einstellung der Kinder zur Therapie. Sie ist ein Termin, sie wird vorbereitet, sie wird ernst genommen und durch die Teilnahme der Eltern an dien Sitzungen unterstützt. Im Kindergarten VÖLLIG anders _ die Kinder hören ihre Freunde nebenan spielen (und wir sind sogar mit einem eigenen Therapieraum ausgestattet, was weiß Gott nicht überall der Fall ist!!!), sie werden aus laufenden Aktionen geholt, sie dürfen an Gruppenaktivitäten nicht teilnehmen, weil jetzt ihre Logo-Zeit ist....

4. Daß berufstätige Eltern keine Möglichkeit hätten, ihr Kind in eine Praxis zu bringen, wird durch die Vielzahl der Familien, die das organisieren KANN (obwohl beide Eltern arbeiten!), glänzend widerlegt.

5.Wohin soll diese Entwicklung , die schockierenderweise auch der dbl zu forcieren versucht, am Ende führen ? Sind wir wirklich reine LEistungserbringer, denen die Qualität der Arbeit mehr und mehr egal wird, nur um sich auch noch den neuen MArkt der Kindergärten unter den Nagel reißen zu können ?

6. Und damit zum fast interessantesten Punkt :
WIE SOLL DIE VERTEILUNG DER EVTL. ENTSTEHENDEN STELLEN ABLAUFEN ??? Wer zuerst kommt, mahlt zuerst ? Das widerspricht eklatant dem Grundsatz der freien Therapeutenwahl !

Liebe Kollegen, denkt die Sache zu Ende, wenn ihr für eine Öffnung der Behandlung in Regelkindergärten und Schulen seid !
Die Argumente der Befürworter sind marginal im Gegensatz zu den Risiken, die das für unseren ganzen Berufsstand birgt.

Wenn wir den Eltern alles abnehmen und jedem Wunsch nachgeben, sitzen wir irgendwann abends um 22 Uhr beim Hausbesuch an deren Küchentisch, weil sie DANN mal Zeit haben, sich um die Bedürfnisse des Kindes zu kümmern.

DAS KANN ES NICHT SEIN !!!

7.Ich möchte anständige, qualitativ hochwertige Therapien in meinen teuer ausgestatteten Räumen machen dürfen und ich bitte den Bundesverband, sich ENDLICH dafür einzusetzen, daß sein Ruf nach Qualitätssicherung nicht nur Makulatur ist, sondern auch von ihm selbst umgesetzt wird.
Wofür haben wir einen VERBAND, wenn nicht für den Schutz seiner Mitglieder ? Erschreckend genug, daß er sich nicht interessiert für Mitglieder, die illegal diese Therapien bereits durchführen.

Elisabeth, 27-09-12 13:12:
Meine Erfahrungen beziehen sich sowohl auf die Tätigkeit als angestellte Logopädin in einer integrativen KiTa in NRW, als auch auf die spätere selbstständige Arbeit in eigener Praxis in den neuen Bundesländern. Zunächst mein Fazit: Therapie in der Einrichtung ist nur dann allen Beteiligten gegenüber fair(einschließlich den Kindern), wenn die Therapeuten bei der Einrichtung, bzw. bei deren Träger angestellt sind.
Aus meiner Erfahrung als angestellte Logopädin weiß ich, wie schwer es ist die Therapie in den Kindergartenalltag zu integrieren, selbst wenn man den ganzen Tag vor Ort ist.Feiern, Ausfüge oder sonstige Anlässe brachten immer wieder den mit den Erziehern abgestimmten Therapieplan für die (Integrativ-)Kinder durcheinander. Obwohl ein extra Therapieraum zur Verfügung stand, war es schwer dort nur annähernd eine Atmosphäre zu schaffen, die mit einem Therapieraum in einer Praxis vergleichbar ist. Störungen in diesem Raum durch Geräuschkulissen von außen und neugierigen anderen Kindern waren an der Tagesordnung.
Ein Einbezug der Eltern in die Therapie war gegenüber der Praxis eher schwieriger, da die Eltern morgens die Kinder schnell abgeben wollten und abends ähnlich unter Zeitdruck standen. Um Therapieinhalte zu tranportieren mussten ebenso wie in der Praxis Elterngespräche angesetzt werden. Die Bereitschaft an einer Therapie teilzunehmen war eher gering und war auch schwierig zu organisieren. Dies gelingt nun in der Praxis viel besser, wo die Eltern bei den kleineren Kindern die ganze Therapieeinheit dabei sind und bei den älteren Kindern einen Teil, bei dem die Aufgaben für den häuslichen Bereich besprochen werden.Die Erfolge sind, bei Mitarbeit der Eltern somit besser.
Ich habe trotz der geforderten hohen Flexibilität gerne in der KiTa gearbeitet - aber es ist eben eine ganz andere, eher ganzheitlichere Arbeit im Sinne von Sprach- und Kommunikationförderung.
Es wäre sicher sinnvoll von staatlicher Seite in vielen KiTas solche Stellen einzurichten, die dann aber auch von Trägern bezahlt werden sollten.
Die Qualität der Sprachtherapie ist meiner Ansicht nur in speziell dafür eingerichteten Praxen zu gewährleisten. Die Öffnung von Kitas für Therapeuten die von außerhalb kommen ist, auch hier kann ich aus Erfahrung sprechen leider mit enormen Qualitätseinbußen verbunden. In Sachsen, wo ich derzeit lebe kam es zu solchen Entgleisungen, dass Kolleginnen Kindergruppen von bis zu 5 Kindern zur "Therapie" mitnahmen anstatt die verordnete Einzeltherapie durchzuführen. Die Therapiedauer war nicht mehr kontrollierbar. Teils erfolgten nur 20 Min Therapie um möglichst viele Kinder durchzuschleusen. Es wurden Unterschriften für nicht geleistete Therapien verlangt etc. Die Zustände wurden durch ehemalige Angestellte von Großpraxen bekannt oder auch durch Eltern, die dann doch lieber in eine Praxis wechselten, weil es mit der Sprache so gar nicht vorangehen wollte.
Dies ist sicher nicht im Sinne eines Verbandes der Qualität in der Therapie sichern will und nicht im Sinne vieler verantwortlich arbeitender Kolleginnen.
Überings ließ sich diese Situation über das Sozialministerium und vor allem über den Leiter des Gesundheitsamtes in den Griff bekommen. Alle Träger wurden angeschrieben diese, nicht gesetzeskonforme Öffnung zu untersagen.

Diethild R., 27-09-12 12:23:
Ariane schrieb: "Familien, in denen beide Elternteile ganztägig berufstätig sind, haben schon häufiger geäußert, dass ihnen eine Behandlung in der Kita lieber wäre, damit sie sich wenigstens nach der Arbeit vollständig ihrem Kind widmen können, ohne weitere Termine wahrnehmen zu müssen. Diese Eltern sind oft auch zu regelmäßigem telefonischen Austausch bereit.... Klar bedeutet dies mehr Vorbereitung und sehr große Flexibilität im Umgang mit den Therapiematerialien."

Meine Fragen an Sie:
Sich vollständig ihrem Kind widmen: was bedeutet das konkret?
Wenn ich als Elternteil mein Kind zur Therapie begleite und teilnehme, habe ich viel wertvolle Zeit nur mit meinem Kind! Viele "unserer" Kinder genießen die Zeit in der Therapie mit Mama oder Papa alleine! Bei uns wird gespielt! Und was daraus mitgenommen wird, ist durch kein Telefongespraech und durch keine Notiz zu ersetzen.

Die beschriebene Mehrarbeit machen Sie gerne, auch ohne Verguetung? Dazu haben Sie sich nicht geäußert.


Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass eine Therapie in der Kita unter Umstaenden sinnvoll und gerechtfertigt sein kann. Ich glaube aber auch, das sind Einzelfaelle!

Wie man heute unter "Aktuell" lesen kann, befürchten die Therapeuten im Rheinland eine Verschlechterung der Versorgung in integrativen Einrichtungen. Se beschreiben exakt die Situation, die jetzt schon besteht, wenn externe Therapeuten die Einrichtung versorgen. Die Unterschiede sind hier zwar anders gelagert, aber unterm Strich kommt das Gleiche raus: eine Verschlechterung.

Soll das wirklich zur Regel werden?

Ariane, 27-09-12 09:38:
Ich finde es gut, wenn es gesetzlich endlich eine konkrete Regelung zur Behandlung in Einrichtungen geben wird. Zum einen kommt es wirklich der aktuellen Entwicklung der Arbeitssituation der Eltern entgegen und zum anderen können dadurch auch Kinder aus sozial schwachen Familien eher behandelt werden. Wir hören hier immer wieder Klagen von ErzieherInnen und FamilienbetreuerInnen, die Eltern dringend empfehlen, mit ihrem Kind logopädische Therapie in Anspruch zu nehmen; die Eltern lehnen es ab, da ihnen oft kein Auto zur Verfügung steht oder die Fahrt zur Praxis mit dem Bus zu umständlich ist. (Dabei befindet sich die Praxis im Stadtzentrum.)
Familien, in denen beide Elternteile ganztägig berufstätig sind, haben schon häufiger geäußert, dass ihnen eine Behandlung in der Kita lieber wäre, damit sie sich wenigstens nach der Arbeit vollständig ihrem Kind widmen können, ohne weitere Termine wahrnehmen zu müssen. Diese Eltern sind oft auch zu regelmäßigem telefonischen Austausch bereit.
Die ErzieherInnen in einer Kita in einer "besseren" Wohngegend machen sich nach der jeweiligen Therapie kurz Notizen was sie den Eltern mitteilen sollen - und es funktioniert tatsächlich.
Klar bedeutet dies mehr Vorbereitung und sehr große Flexibilität im Umgang mit den Therapiematerialien. Allerdings sehe ich hier auch
die Gelegenheit, die alltägliche Umgebung mehr mit einbeziehen zu können. Die Kita-Spiele können ebenfalls therapeutisch eingesetzt werden. Als Affolter-Therapeutin sehe ich daher weniger Probleme und mehr Vorteile beim Therapieren in Kitas.

Tina, 26-09-12 17:37:
Wir haben in der Praxis immer öfter Anfragen von Kitas und Schulen, ob wir die Kinder nicht in der Einrichtung therapieren können. Bisher habe ich nur gute Erfahrungen gemacht. Es wurde mir z. B. in einer Schule der Lerntherapieraum mit Material zur Verfügung gestellt. Es ist doch auch so, dass die Lerntherapeuten dort während des Schulbetriebes therapiert. Warum sollten wir als Logopäden nicht auch dann arbeiten? Vormittags kommt kaum ein Kind in die Praxis. Wir sind dann sowieso auf Hausbesuchen unterwegs, sei es in Altenheimen, Kitas oder Schulen. Das Thema Eltern wurde ja schon ausführlich behandelt. Ich mache mit den Eltern dann einen Extratermin in der Praxis aus, um die Therapie zu besprechen. Es gibt in Berlin auch unheimlich viele alleinerziehende Mütter mit mehreren Kindern. Es erfordert dann eine sehr große Organisation, um das Kind in die Praxis zu bringen. Die Folge ist dann, dass viele Termine abgesagt werden und die Therapie nicht durchgängig durchgeführt werden kann. Unser Team hat sich für die Therapien in Einrichtungen, allerdings mit HB-Pauschale, ausgesprochen.

Helga, 26-09-12 10:53:
Die Argumente gegen eine Behandlung von Kindern in Kindergärten sind hier in vielen Beiträgen bereits sehr differenziert benannt worden. Diesen Einwänden kann ich nur voll und ganz zustimmen. Allein in Berlin gibt es 2200 Kindergärten. Wer kann überprüfen, ob, wie im Positionspapier des dbl gefordert, die Merkmale von Strukurqualität gemäß den Zulassungsempfehlungen in diesen Einrichtungen eingehalten werden? Gleiche Qualität und Effizienz der Therapie wie in den eigenen Praxisräumen wird m.E. nur selten im Kindergarten erreichbar sein. Wenn eine medizinische Maßnahme in den Räumen einer pädagogischen Einrichtung stattfindet, wird es für uns noch schwieriger sein, den Unterschied zwischen Therapie und Sprachförderung deutlich zu machen. Daher mein Aufruf an den dbl: Therapie von Kindern in pädagogischen Einrichtungen weiterhin nur in den bisher schon möglichen begründeten Ausnahmefällen.

Susanne, 25-09-12 22:23:
Sicher ähnelt meine Meinung der der anderen vor mir. Ich spreche mich auch gegen die Therapie in den Einrichtungen aus. Es gibt auch Kinder bei denen es aber gar nicht anders geht, weil sie z.B. mit Tracheostoma versorgt sind und Schlucken und Sprechen lernen sollen. Das steht aber gar nicht so zur Debatte, denn das sieht jeder Arzt ein und kann als HB gut begründet werden. Doch die Regelkinder benötigen keinen Logopäden in ihrem Kigaalltag! Ich bin jahrelang als Angestellte nur in Einrichtungen gefahren. So viele, dass ich gar nicht in der Praxis landete außer zu Teamsitzungen und für ein Kind in der Praxis was keiner therapieren wollte. Ich hatte das Auto voller Materialien, Kopien von Arbeitsblättern machte ich zu Hause auf dem Faxgerät oder in aller Eile bei meinen "Kurzbesuchen" in der Praxis. Man gab sich mit den Behandlungsraum zwar jegliche Mühe, aber es war immer eine kleine Kammer, die für sonst nicht sehr zu gebrauchen war oder es war montags die Turnhalle, die ständig vergessen wurde um dort die Heizung aufzudrehen. Na, und auch wenn der Erzieher eigentlich wusste, dass ich immer an diesem Tag komme, kam es vor das sie spazieren oder wandern waren und der Dinge mehr, die ich noch aufzählen könnte. Dann wurden es immer mehr und der Vormittag reichte nicht mehr aus. Wieviele Kinder schafft man denn von 8-11 Uhr mit einer Therapiezeit von 45` oder machen wir dann nur noch 30`?? (incl. Abhol- und Bringezeit). Von mir wurde dann verlangt Gruppen zu bilden und die Rezepte....
Nein, dass möchte ich nicht mehr!!
Seit dem ich selbständig bin, war ich nur noch in meiner Praxis tätig und finde das so schön! Meine Spiele werden geschont, ich kann flexibel sein, mich immer individuell auf das Kind einstellen, habe die Eltern mit in der Therapie und habe Rezepte schon so schnell abgeschlossen, dass ich einfach nur froh bin so arbeiten zu können. Wir haben bei uns auch keine Sorge. Die Kinder kommen zu jeder Zeit so wie es möglich gemacht werden kann. Auch die Eltern wo man meint, dass diese Kinder nicht zu den Therapien kommen würden, nehmen diese regelmäßig war, weil sie ernst genommen werden und vor allem das Kind keine Sonderstellung hat.
Ich könnte noch so viel schreiben, aber das sprengt den Rahmen. Was auf alle Fälle leidet ist die Qualität und das sollte keiner wollen.

Anne, 25-09-12 14:47:
Ich bin Logopädin mit eigener Praxis und führe seit ca. drei Jahren im Auftrag für das Gesundheitsamt Sprachentwicklungstests im Rahmen der Einschulungsuntersuchung in Kindergärten durch. Ich habe also in letzter Zeit sehr viele verschiedene Einrichtungen gesehen. Als Logopädin dort Therapien durchzuführen kann ich mir nicht vorstellen. Zu den Rahmenbedingungen: In der Regel bekomme ich den Raum zugewiesen der ansonsten zur Sprachförderung genutzt wird. Dies ist entweder ein kahler Kellerraum oder Raum im Gemeindehaus in dem sonst geturnt wird. Oder es ist eine kleine Kammer mit ca 6-8 qm. Mit welchem Material dort Sprachförderung gemacht wird ist mir schleierhaft. Desweiteren gelingt es den meisten Einrichtungen nicht, an diesem einen Vormittag im Jahr an dem ich in der Einrichtung bin, die Kinder ruhig zu beschäftigen.Die Kinder schreien im Nebenraum, spielen direkt vor der Tür oder vor dem Fenster im Garten. Auf Bitten nach etwas mehr Ruhe bekommt man meist nur patzige Antworten. Ungefähr die Hälfte der Erzieherinnen sind an den Testergebnissen nicht interessiert, obwohl sie diese ja für die Sprachförderung benötigen. Normalerweise plane ich immer Zeit ein, um jedes Kind zu besprechen. Eigentlich ja ein super Service. In den Gesprächen merke ich dann, wie wenig sie Kinder sprachlich einschätzen können. Mir werden Kinder als "Katastrophe" präsentiert, die aber eigentlich nur eine einfache Artikulationsstörung haben. Andererseits gibt es Kinder mit massiven Problemen in allen sprachlichen Bereichen, die aber nie aufgefallen sind. Zumindest sind die Eltern bei der Testung anwesend. Wären die auch nicht da, würde ich mich echt fragen, warum ich das überhaupt mache.
Ach ja und Mutter bin ich auch, Vollzeit berufstätig, mein Mann auch. Mein Sohn hat ein halbes Jahr Ergo hinter sich, das sich ohne Probleme in den Zeitplan integrieren lies. Und für Sport und Ballet langt die Zeit auch noch. Es braucht ja nicht immer nur die Mama das Kind bringen. Bei den berufstätigen Eltern wechseln sich die Eltern meist beim Bringen ab. So können beide teilhaben, Hausaufgaben machen und der Erfolg ist größer. Väter oder auch Omas üben einfach ganz anders, das Kind kann nur davon profitieren. Und nein, nach 16.00 Uhr behandle ich keine Kinder unter 5 Jahren! Das zu organisieren ist Aufgabe der Eltern.
Therapien gehören in die Praxis! Keine Stigmatisierung im Kindergarten durch Therapie und nicht teilnehmen können an Aktionen oder Geburtstagsfeiern!
Der Frisör kommt nicht zu mir in die Praxis, mein Auto muss ich selbst in die Werkstatt bringen und für mein Kind bin immer noch ich selbst zuständig!

Angela, 24-09-12 17:44:
Warum soll ich teure Praxisräume, die zig Auflagen unterliegen(von den Praxisnebenkosten ganz zu schweigen), vorhalten und dann als reisende Logopädin in einem Kindergarten Kinder behandeln, deren Eltern sehr wohl Besuche bei der Oma und natürlich auch den Klavierunterricht organisiert kriegen. Bislang gab es in meiner Praxis, die ich seit 1994 habe, keine Probleme bei der Terminfindung. Soll ich mir vielleicht eine Großraumlimousine für das ganze Material anschaffen (von was eigentlich?)? Oder gibt es bald eine Zulassung für die reisenden Kollegen? Weiterhin sehe ich in den Einrichtungen viele Erschwernisse, die aber andere Kollegen hier schon ausführlich dargestellt haben. Und:wieso darf ich im Kiga im Büro von 8qm arbeiten?Steigt die Qualität bei 20qm in der Praxis?
Meine Meinung: Behandlung von Patienten zu Hause oder in Einrichtungen nur bei Transportunfähigkeit!

Eva, 24-09-12 13:03:
Auch ich möchte mich klar gegen Behandlungen in Kindergärten aussprechen. Wichtigstes Argument ist für mich der erheblich schwierigere Elternkontakt, den ich für einen Behandlungserfolg für wesentlich halte. Die intensive und gemeinsame Zeit mit dem Kind und mit den Eltern im Rahmen einer logopädischen Einzelbehandlung ist im Lebensalltag so selten und so wertvoll.
Gegen eine Behandlung in Kindergärten sprechen auch die schlechten räumlichen Voraussetzungen, weil die Kindergärten ja in der Regel keinen eigens ausgestatteten Therapieraum haben. Weiter spricht dagegen der sehr viel höhere Vorbereitungsaufwand, weil alles Therapiematerial mitgeschleppt werden muss. Ich möchte kein Reparaturservice sein, der in seinem PKW alles nötige Werkzeug dabei hat. Ich will ernsthafte Gespräche und Auseinandersetzungen über das Kind, seine Fähigkeiten und Schwierigkeiten.

Anke, 23-09-12 22:04:
Wie einige meiner KollegInnen schon festgestellt haben: Die Therapie von REGELKINDERN in der Einrichtung hat viele, viele Nachteile. Auch wenn auf den ersten Blick alles praktisch erscheint, so kann bestimmt jeder, der schon mal in einem Kindergarten gearbeitet hat, diese und auch andere Nachteile aufzählen.
So ist zum Beispiel der, meines Erachtens sehr wichtige, Kontakt zu den Eltern sehr schwer. Auch wenn man sich vornimmt, regelmäßig zu telefonieren oder ein Kommunikationsheftchen zu führen, wird der Kontakt schnell nachlassen. Würde ich zum Beispiel acht Kinder hintereinander behandeln, müsste ich sehr viel mehr Zeit einplanen, um alles schriftlich und begreiflich für die Eltern zu verfassen. Auch das Interesse der Eltern an der Behandlung lässt sehr schnell nach, da sie nicht mehr direkt
beteiligt sind, sondern ihr Kind nur noch abgeben und darauf warten können, dass es vernünftig spricht. Bei der Therapie unterstützend mitzuwirken ist sehr schwer, da die Eltern nicht dabei sein können und auch nicht genau wissen, was sie nun zu tun haben.
Kinder zur Therapie aus der Gruppe zu holen ist ebenfalls sehr schwer. Oft sind sie gerade im Kreis oder spielen, sind gerade draußen, müssen noch eben ein Puzzle fertig machen, frühstücken und noch vieles mehr. Auch wenn man mit den Erzieherinnen einen Plan ausarbeitet, kann doch sehr viel dazwischen kommen
Thema Material finde ich auch noch einen sehr wichtigen Punkt. Kein Therapeut ist in der Lage das benötigte Therapiematerial mit sich zu nehmen. Sollte eine Öffnung zur Therapie im Kindergarten auch für Regelkinder kommen, so ist damit zu rechnen, dass für die verschiedenen Störungsbilder in den verschiedenen Stadien Material angeschleppt werden muss. Noch mal überlegt, dass ich zum Beispiel acht Kinder nacheinander behandeln würde, hierunter Sigmatismus, Schetismus, Kappazismus, und Störungen der auditiven Diskrimination vorzufinden, wie viel Material müsste ich mitbringen?
Im Alltag ist es manchmal bei zwei berufstätigen Eltern schwer, einen geeigneten Termin zu finden. Aber mal genau hinterfragt finden sich oft Möglichkeiten, dass die Therapie des Kindes in der Praxis stattfinden kann.
Ich sehe es nicht ein, dass die Qualität nachlassen sollte. Und das wäre bei einer Öffnung meiner Meinung nach der Fall. Auch fände ich es nicht gut, verschiedene Kindergärten abfahren zu müssen, obwohl ich die Praxiszulassung habe. Die Ausnahmegenehmigungen für Regelkinder (!) zu bekommen finde ich ebenfalls keine Lösung. Wo werden da die Grenzen gesetzt?
Ich fordere den dbl auf, klar in diese Richtung Position zu beziehen und das eben auch für alle verständlich und ohne Deutungsmöglichkeiten zu formulieren.

Solveig, 23-09-12 15:18:
Ich möchte mich ganz klar gegen Behandlungen in der Kita aussprechen. Für mich haben Therapien in Einrichtungen überwiegend Nachteile. Allein der schon so oft angesprochene Elternkontakt ist für den Behandlungsfortschritt essentiell und entscheidend. Im Bereich Stottern ist eine Behandlung ohne Elterneinbezug sogar unmöglich. Dazu kommt, dass die Gegebenheiten in der Kita einfach für die Durchführung von Therapien ungünstig sind, da das Kind aus einer gemeinsamen Beschäftigung oder Aktivität (backen, in den Wald gehen, Sport...) rausgerissen wird und sich dann wohl kaum auf eine Therapie einlassen wird. Außerdem geht wichtige Therapiezeit beim Holen und Bringen verloren. Zumeist ist es in Einrichtungen sehr laut und es findet sich kaum ein passender Raum, wo man ungestört arbeiten kann. Die meisten Therapeuten, die ich kenne und in Kitas gehen, wickeln 5 - 8 Kinder ab, "damit es sich auch lohnt"! Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass diese Eltern dann regelmäßig über den Therapieverlauf informiert werden, zumal in den Regel auch keine Erzieherin wegen Personalmangel am Therapiegeschehen teilnehmen kann. Wie soll dann eine vernünftige Übermittlung geschehen, was gerade wichtig ist und worauf die Eltern, insbesondere auch wenn es um den Transfer geht, achten sollen. Für mich wäre das auch ein riesiges logistisches Problem - wie soll ich für 5 - 8 Kinder Therapiematerial in die Kita schleppen. Ich bereite mich auf jede einzelne Behandlung vor und wähle gezielt aus. Da haben es die Therapeuten die malen und basteln wesentlich einfacher. Aber ich befürchte, dass diese Art weniger effizient ist, da Kinder handeln und spielen müssen, um zu lernen. Außerdem bin ich in der Einrichtung nicht flexibel und kann weniger umplanen, da ich das passende Material nicht dabei habe. Wie soll unser Berufsstand anerkannt bleiben und wertgeschätzt werden, wenn wir so oberflächlich arbeiten und die Eltern gar nicht sehen, was wir tun. Argumente, dass Kindern eine Behandlung verwehrt wird, die nicht in der Kita therapiert werden, da Eltern nicht in der Lage sind, selbst in die Praxis zu kommen, halte ich für lächerlich. Ich glaube, wir sollten uns dringend von diesem Helfersyndrom befreien und uns nicht immer als "Retter der Welt" verstehen. Die logopädische Behandlung ist ein Angebot für Kinder wie Erwachsene und kann gewinnbringend genutzt werden oder auch nicht. Ich verstehe im Übrigen auch nicht, warum den Eltern dieses Verantwortungsgefühl oder die Fähigkeit, eine regelmäßige Behandlung zu organisieren, abgesprochen wird. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir immer einen Weg gefunden haben, den zeitlichen Rahmen so optimal wie möglich zu gestalten. Und auch Eltern, die in Schichten arbeiten, machen alles möglich, und das betrifft nicht nur die oberer soziale Schicht. Bei uns ist der enge Elternkontakt ein Grundsatz und er wird von allen auch hochgeschätzt. Eltern und Kind genießen die Zeit in der Therapie und freuen sich über jeden Behandlungsfortschritt. Ein letztes Anliegen an den dbl: anstatt über ein so unsinniges Thema "Therapien in Einrichtungen" zu diskutieren, wünsche ich mir mehr Engagement bei den Krankenkassenverhandlungen und endlich eine Angleichung der Ostvergütung an die Vergütung in den alten Bundesländern. Vielen Dank!

John Mc Lane, 23-09-12 12:53:
Therapien sollten generell in der Praxis stattfinden, da ein Elternkontakt aus meiner Sicht bezüglich eines Feedbacks über jede einzelne Therapiestunde (hierbei auch gerade bei Kindern mit schweren Behinderungen) zu einer hoch qualitativen Therapie selbstverständlich dazugehören. Seit fast 12 Jahren behandel ich Kinder ausschließlich in meiner Praxis und sowohl Kinder aus "sozial schwächeren" Familien als auch Kindern, deren Eltern berufstätig sind gelingt es ohne Probleme einmal die Woche meine Praxis aufzusuchen. Fazit: für mich gibt es keine Begründung für eine Therpie außerhalb der Praxis mit Ausnahme von Patienten, denen es auf Grund einer körperlichen Behinderung (z.B. Apoplex) unmöglich ist, eine Praxis aufzusuchen. Noch eines: Eltern gelingt es auch ihre Kinder zum Kinderarzt zu bringen, denn dieser führt seine U-Untersuchungen auch nicht in der Kindertagestätte durch ganz zu schweigen von Reitunterricht, Fußballtraining, Musikunterrricht, etc. Auch ich fordere einen Verband wie den dbl auf, sich weiterhin für eine qualitative logopädische Therapien einzusetzen...und sorry...dies sind nicht jene Therapien, die in einer Einrichtung stattfinden. Denn hier geht es um andere Interessen als um die Qualität, wenn Praxen mit einer Größe von 80 qm mehr als 10 Angestellte beschäftigen. Alles schon erlebt...

Christiane, 22-09-12 13:49:
Ich möchte mich dem Posting von Frau N. anschließen und um folgende Aspekte ergänzen.

Derzeit werden selbst in Fachkreisen munter die Begriffe Sprachförderung und Sprachtherapie durcheinandergeworfen oder vermischt.

Nach HeilM-RL sind therapeutische Maßnahmen nicht anstelle von pädagogischen Maßnahmen zu erbringen. Mit der Freigabe von Therapien in Kindertageseinrichtungen wird die Abgrenzung noch unschärfer.

Therapie muss eine medizinisch indizierte Maßnahme bleiben, die zeitlich begrenzt durchgeführt wird, die Mitwirkung des Patienten/des Umfeldes als Vorraussetzung hat, durchaus auch "unbequem" für den Patienten sein darf und ein bestimmtes Umfeld/Material benötigt. Sie ist immer auf "Heilung" bzw. Bessrung der Körperfunktionen/Strukturen und der Aktivitäten gerichtet.

Pädagogik/Erziehung (und damit auch Sprachförderung) dagegen ist ganzheitlich auf den Menschen als soziales Wesen gerichtet, ist eine "conditio humana" und zielt darauf, dem Menschen eine angemessene Entwicklung und Teilhabe im jeweiligen sozialen Umfeld zu ermöglichen.

Um nicht noch mehr Diskussionen mit der GKV/den Ärzten im Bereich der Kindertherapien (Stichworte: "Pathologisierung von Entwicklunng" "Logopädie statt Deutschunterrricht")zu haben, muss eine möglichst saubere Trennung der beiden Bereichen vorhanden sein.

Mit Therapien im Kindergarten wird diese Trennung räumlich (und wie ich den Postings der befürwortenden Kolleginnen zu entnehmen glaube) auch inhaltlich aufgeweicht.

Deshalb:

THERAPIE in Einrichtungen in begründeten Ausnahmefällen (z.B. bei schwerst Mehrfachbehinderten)mit Honorierung der Anfahrt und des vermehrten Zeitaufwandes durch die Krankenkasse.

SPRACHFÖRDERUNG in Einrichtungen durch Logopäden (feste Stellen!)finanziert durch die Träger bzw Land/Bund (wie bereits bei "Frühe Hilfen" durchgeführt).

Marion N, 21-09-12 21:49:
Ich möchte noch etwas nachschicken:
Die mir bekannten selbständigen Logopäden, die in Einrichtungen therapieren, kann man in zwei Gruppen einteilen:
a) die, die von den Therapien in ihren Praxen allein nicht mehr existieren können und aus Not heraus handeln
b) die, die eine oder mehrere Großpraxen mit zig Angestellten haben und diese MitarbeiterInnen in allen möglichen Einrichtungen verteilen, um tatsächlich Pfründe zu sichern.
Beides lehne ich ab!
Der Trend der letzten 10 Jahre im Gesundheitsbereich, die Patienten als wirtschaftliche Ressource zu sehen, lukrative Großpraxen mit vielen Angestellten zu gründen, und den kleinen Praxen zunehmend das (Über)Leben zu erschweren, erinnert mich verdammt an den Lebensmittelbereich der 70iger Jahre.
Es wäre Aufgabe der Berufsverbände gewesen, für die Praxisinhaber lukrative Honorare zu erkämpfen, damit sie selbst ein vernünftiges Auskommen haben und ein oder zwei Angestellte ordentlich hätten bezahlen können!!
Auch wenn Logopäden in Kitas arbeiten, sind das mitnichten angemessen bezahlte Arbeitsstellen! Es würden 400 € Jobs werden oder schlecht bezahlte Teilzeitstellen, die quasi als Zubrot angesehen werden oder als vorübergehenden Wiedereinstieg in den Beruf.
Also: Ich erwarte vom dbl eine deutlich kritischere und vor allem ablehnende Haltung zu Therapien in Einrichtungen und den ganzen derzeitigen Entwicklungen im Gesundheitssystem. Die Ansprüche an Therapiebedingungen in Einrichtungen sind realitätsfremd!
Gesetze, Verordnungen etc. kann man viel erlassen; die tatsächliche Durchführung steht auf einem anderen Blatt. Papier ist geduldig! Und wer soll die Bedingungen letztendlich überprüfen?
Und noch etwas: Die Ärzte werden nicht mehr Verordnungen ausstellen, wenn in Einrichtungen therapiert wird. Im Gegenteil: Einige stehen solchen Therapien durchaus ablehnend gegenüber! (Es werden ja jetzt schon zunehmend weniger Folge-VO ausgestellt, und VO a.d.R. werden unterbunden, indem 3 Monate Pause verordnet werden.)

Marion N, 21-09-12 14:06:
Ich stimme den bisherigen kritischen Meinungen zu den Therapien in Einrichtungen voll zu und lehne Therapien in Einrichtungen ab.
Aus eigener Erfahrung als frühere Angestellte weiß ich, unter welch ungünstigen Bedingungen solche Therapien fast immer stattfinden.
Ich möchte mich vor allem der differenzierteren Sichtweise von Frau Krätsch-Sievert anschließen! Die Politik hat sich auf die Fahnen geschrieben, dass Sprachförderung zum Bildungsauftrag einer Kita gehört. Wer die Musik bestellt, soll sie auch angemessen bezahlen; d.h. die Bildungsträger sollen für die Sprachförderung Logopäden fest einstellen und nicht Erzieherinnen im Schnellkurs eine entsprechende Fortbildung auferlegen. (Im Alltag sind diese ohnehin mit den Sprachfördermaßnahmen überfordert).
Logopäden können dann auch herausfiltern, welche Kinder therapiebedürftig sind und welchen Kindern eine Förderung reicht. Damit würden die Erzieherinnen entlastet, das Know How der Logopäden genutzt und die Therapien dürfen weiterhin nur in den Praxen stattfinden; schließlich sind unsere Praxen zu diesem Zweck eingerichtet.
Kinderärzte behandeln ja auch nicht in Einrichtungen, und für einen Arztbesuch (egal ob zur Impfung, Vorsorge oder wegen Krankheit) nehmen die Eltern stets hohe Wartezeiten im Wartezimmer in Kauf und sind selbstverständlich auch bei der Behandlung dabei.
Nebenbei bemerkt: Ich habe die besten Behandlungsergebnisse, wenn ein Elternteil zumindest an einem Teil der Therapiestunde teilnimmt und entsprechende Anleitungen zwecks Umsetzung mit nach Hause nehmen kann.
Wir dürfen die Eltern nicht aus der Verantwortung entlassen!!
Ich bin klar gegen Therapien in Einrichtungen!!!

Anette, 17-09-12 13:00:
Bereits seit längerem stellen wir fest, dass wir an Vormittagen kaum noch Patienten bekommen.

Wenn die Kinder dann nach ihrem Kindergartenvormittag oder sogar nach einem Nachmittag im Hort zu uns kommen, sind sie müde und teilweise unmotiviert.

Bei vollzeitbeschäftigten Eltern ist zudem häufig nur eine Terminvereinbarung nach 17.00 Uhr oder später möglich.

Zeitphasen mit guter Konzentration können dann für die Logopädie nicht genutzt werden.

Therapieerfolge lassen so natürlich länger auf sich warten.

Ich und mein Team plädieren dafür, dass die Therapie in Kindergärten und Horten / Tagesheimen erlaubt wird.

Begleitend können ja gezielte Elterntermine (z. B. 1 x monatlich) in der Praxis durchgeführt werden.

Hausbesuchspauschalen sind hierfür nicht notwendig, da es sich ja lediglich um einen zusätzlichen Therapieort für mehrere Kinder handeln würde.

Die Honorarsätze sollten sich an unserer Qualifikation bemessen, nicht ausschließlich daran, dass die Therapie in den eigenen Praxisräumen durchgeführt wird.

Dennoch soll eine Praxis als fester Standort exisieren.


Gabriele  17-09-12 12:11:
Hallo, auch bei uns gibt es das Problem, dass Praxen ihre Logopäden in Regelkindergärten postieren. Dies geschieht vor allem in den anliegenden Dörfern, wo die Eltern sich natürlich darüber freuen, dass sie nicht in die Stadt fahren müssen und die Kinder so nebenbei eine Therapie erhalten. Ein Anruf bei der AOK pus Thürngen erbrachte, dass man von Seiten der AOK nichts dagegen machen kann, da man ja nicht weiß, ob nicht auch integrative Kinder in den Einrichtungen sind. Auch mehrere telefonsiche Gespräche und E-Mails (seit Mai 2012) mit dem VdeK waren bisher nicht erfolgreich. Hier wurde ich auf einen stattfindenden Ausschuß vertröstet, der irgendwie von Monat zu Monat verschoben wird. Alles in allem sehr ärgerlich und bisher ohne eine Möglichkeit gegen diese Praktiken vorzugehen.

Jennifer  20-09-12 16:12:
Ich habe dieses Positionspapier mit den in meiner Nähe ansässigen Kindergärten besprochen und habe von fast jeder Einrichtung die gleiche Antwort erhalten: "Das zerreißt uns das ganze Programm!", "Dafür haben wir keine Räumlichkeiten." "Die Kinder haben sowieso schon ein viel zu volles Programm und dann auch noch Therapie im Kindergarten?". usw. Des Weiteren bleibt das Gepräch mit den Eltern dann doch auf der Strecke. Sie sind den Termin beim Logopäden los, um den Rest kann sich der Erzieher kümmern. Ist dieser Weg gewünscht? Bei mir nicht.

Sabine, 20-09-12 08:54:
Nun, wenn das so weitergeht haben wir in ein paar Jahren Verhältnisse wie in der Schweiz. Dort sind an jedem Kiga und an jeder Grundschule und anderen Sondereinrichtungen Logopäden fest angestellt. Es gibt wesentlich weniger freie Praxen. Ist das im Sinne des dbl? Ich frage deshalb, weil mir der dbl hier fast ein bischen zu zahm auftritt. Als Inhaberin einer Praxis erwarte ich, dass der dbl auch meine Interessen vertritt und den Kollegen, die sich nur aufgrund einer Gesetzes-bzw.Auslegungslücke unberechtigt in Regelkigas breit machen an ihren Berufsethos erinnern!!!

Birgitta, 19-09-12 22:44:
Politisch ist es erwünscht, dass Mütter schnell in ihren Beruf zurückkehren und möglichst ganztags arbeiten. Ebenso ist die Ganztagsbetreuung schon ganz kleiner Kinder in Baden-Württemberg politisches Programm.
Als Konsequenz sehe ich in meiner Praxis immer weniger Kinder am Vormittag, alle wollen nachmittags Termine. Früher kamen da nur die Schulkinder.
Also müssen auch Drei- und Vierjährige nach einem langen Kindergartentag noch zur Logopädin geschleppt werden. Deren Tagestief ist längst erreicht, manche schlafen schon auf dem Weg zur Praxis im Auto ein und sind dann entsprechend verwettert. Die Konzentration ist schlecht,eigentlich sind die Kinder ausgepowert und müde.
@Claudia: Elternarbeit ist wichtig, ich denke aber am meisten an die Kinder, mit denen wir etwas erreichen wollen. Ich möchte lieber ausgeruhte frische Kinder im Kindergarten behandeln, als um 16.30 ein müdes Kind mit einer ebensolchen Mutter in der Praxis rumhängen zu haben! Deshalb bin ich dafür, dass Logopäden in die Ganztageskindergärten kommen können. Die Eltern kann man dann auch abends zum Elterngespräch seperat in die Praxis einladen.
@ Wilhelm: Das Problem der langen Fahrten ist ja nicht neu und gibts ja jetzt auch schon, vor allem bei Hausbesuchen auf dem flachen Land. Trotzdem machen wir Logopäden diese häuslichen Therapien. Die Hausbesuchs- und Fahrtkostenpauschale ist viel zu niedrig, vor allem bei steigenden Spritpreisen. Ich erwarte vom dbl, dass er sich hier für eine Anhebung stark macht, vor allem, da ja die Kassen, allen voran die AOK immer behaupten, sie wollten das viele gehortete Geld für die bessere Versorgung ihrer Kunden ausgeben....
Dieses Problem hat aber mit dem Thema der Therapie von Kindern in Einrichtungen nichts zu tun. Hier kann man sicher nur einmal die Fahrt und die Hausbesuchspauschale abrechnen, aber pro Vormittag vier bis fünf kleine Kinder behandeln.
Ich erwarte vom Verband, dass er Richtlinien festlegt, welche Bedingungen der Kindergarten erbringen muss, z.B. geeignetes Zimmer, evtl. gestelltes Spielmaterial usw, damit eine Logopädin dort Therapien durchführen darf. Vor allem müssen die Kassen zustimmen, dass die Therapie ausserhalb der logopädischen Praxis stattfinden kann, dann können wir ganz normal auf Rezept abrechnen. Die Eltern könnten für diesen Service eine bestimmte Pauschale selbst zahlen, schließlich nimmt man ihnen Fahrten und Zeitmanagement ab.

Maren, 19-09-12 22:29:
Sicherlich ist die Therapie in der Eirichtung -was Material, räumliche Voraussetzungen und den Elternkontakt angeht- immer nur ein Kompromiss. Sie bietet aber auch unzählige Anregungsmöglichkeiten zu Kommunikationsanlässen und momentan interessanten Themen, zur Einbeziehung von KindergartenfreundInnen und bei schwachem familiärem Hintergrund zur Anregung und Anleitung der Erzieher. Bei der zur Zeit gesellschaftlich vorherrschenden Tendenz zum frühen beruflichen Wiedereinstieg beider Eltern und den daraus resultierenden Schwierigkeiten, die Vormittagsplätze zu füllen, finde ich grundsätzlich die Idee, auch in Regeleinrichtungen zu gehen (auch in die Ganztagsschulen), im Sinne der eigenen Arbeitszeitoptimierung einen akzeptablen Kompromiß. Wer will schon abends um 18:00 Uhr in der Praxis noch ein erschöpftes 4-jähriges Kind und sein abgekämpftes Elternteil empfangen? Natürlich geht das nur gegen angemessene finanzielle Entschädigung, da sollten wir uns einig sein und nicht gegenseitig zu einem Lohndumping beitragen!

Britta, 19-09-12 20:37:
Die Beratung und Zusammenarbeit mit den Eltern ist seit über 10 Jahren in meiner Praxis ein absolutes Muss. Und diese Zusammenarbeit funktioniert in Kindereinrichtungen nicht!Es gibt ja auch in der Praxis vereinzelt Eltern, die ihre Kinder zur Therapie bringen, dann einkaufen gehen, pünktlich zum Ende wieder da sind und Übungen zu Hause völlig vermeiden. Für mich und mein Team sind das immer Therapien, die zu geringe Fortschritte bringen. Aber genau die motivieren uns tagtäglich in unserem Beruf alles zu geben. Wie oft hört man von frustrierten Eltern, deren Kinder lange in der Kiga mittherapiert wurden, dass keinerlei Kontakt zum Therapeuten bestand, dass mitgegebenen Arbeitsblätter nicht durchgeführt werden konnten, weil der Übungsinhalt nicht klar war und dass teilweise mehrere Kinder gleichzeitig therapiert werden. Dem Qualitätsverlust wird in den Einrichtungen Tür und Tor geöffnet.
Erzieherinnen haben übrigens auch einen Bildungsauftrag und wollen mitunter nicht, dass einzelne Kinder aus der Gruppenspiel- und Lernsituation "rausgerissen" werden, um zur Therapie
zu gehen. Jedoch sollte es begründete Ausnahmen geben, streng umrissen und vom Kostenträger abgesegnet. Denn eine Therapie unter schwierigen Umständen ist sicher noch besser als gar keine.

Petra C, 19-09-12 20:17:
Liebe Kollegin Maren!
Hier haben sie tatsächlich eine wunden Punkt des dbl benannt: Wir haben hier die Mischung der berufsständigen Vertretung für sowohl die Angestellten als auch für die Selbständigen. Das sind eine Gewerkschaft und ein Arbeitgeberverband in einem. So etwas kann nicht wirklich reibungslos auf die Dauer klappen! Und glauben Sie mir: BEIDEN Gruppen geht es wirtschaftlich äußerst bescheiden (siehe aktuelle BAK Zahlen). Und zudem sind beide Gruppen auch noch voneinander abhängig, denn Zweidrittel aller Verbandsmitglieder finanzieren sich durch die Arbeit in einer Praxis.
Ich unterstütze Sie in Ihrem Einwurf, dass der Verband sich dafür einsetzten sollte, dass Logopäden in allen pädagogischen Einrichtung angestellt werden sollten, in Kindergärten wie auch in Schulen! Wir müssen dahin kommen, dass ebenso wie es zum Beispiel in Skandinavien schon seit Jahrzehnten Usus ist, die Pädagogik von multidisziplinären Teams eingerahmt wird.
Aber an dieser Stelle sollten wir klar trennen!
Förderung und Beratung in Einrichtungen: Ja! Therapie: Nein!!
Und ich schließe mich da der Kollegin Remmert an, dass wir trotz der heute bereits nur wenigen möglichen Ausnahmen dennoch schon immense Auswüchse zu beklagen haben. Wobei wir ja alle wissen, dass das Fressen vor der Moral kommt! Hätten wir also flächendeckend eine Vergütung, die eine komfortable wirtschaftliche Situation sichern würde, dann würden vielleicht auch mehr Kollegen mit sich ins Gericht gehen und Ihre therapeutische Leistung kritisch hinterfragen.
Liebe Kollegin Maren, leider ist der vorliegende Entwurf zur Arbeit in Einrichtungen NICHT so zu verstehen, wie Sie es sich wünschen, sondern hier geht es tatsächlich um die Sicherung der Pfründe der Selbstädigen, wie Sie es formuliert haben.
Nach meiner Einschätzung wäre dieser Weg der Öffnung aber kein Mittel gegen die wirtschaftliche Misere der Praxen, sondern nur eine Reaktion auf vermeintlich relevante gesellschaftliche Veränderungen. Aber fordern deshalb auch alle Psychologen, dass sie Ihre Klienten am Arbeitsplatz behandeln können, oder wie eine andere Kollegin hier schon schrieb: praktizieren jetzt auch die Kinderärzte in Kindergärten?
Ich hoffe, dass die hier sehr kritisch geführte Diskussion dazu führt, dass sowohl die Mitglieder als auch die Verbandsspitze die Tragweite eines solchen Signals (die Öffnung zu befürworten) verstehen und es daher nicht stattfinden wird.

Claudia, 19-09-12 17:39:
Für mich ist die Elternarbeit mindestens genau so wichtig wie die Therapie selbst. Bei mir ist fast immer ein Elternteil in der Therapie anwesend - der Erfolg gibt mir recht, denn die Behandlungsdauer ist wesentlich kürzer als ohne die intensive MA der Eltern. Ich lehne daher die Therapie in Einrichtungen ab, denn was nützend dort die 45min, wenn sonst nichts weiter geschieht? Meine Meinung ist durch Praktikum im Kiga entstanden. Behandlungen in Einrichtungen müssen eine Ausnahme sein, wo es wirklich anders keine Regelung gibt - und oft gibt es diese, wenn man gemeinsam (Therapeut und Eltern) nach einer guten Lösung sucht. Wir dürfen gut und gerne den Eltern mehr Kompetenz und Verantwortung für ihre Kinder einräumen, denn sie gestelten den Alltag mit ihnen.
Vieles kann ich von anonym nur unterstreichen, weil diese auch meine Erfahrungen waren.

Maren, 19-09-12 17:13:
Als der Verband gegründet wurde, hat er sich, wenn ich mich nicht irre, auch als Vertretung angestellter Therapeutinnen verstanden. Heute scheint es nur noch darum zu gehen, den ins Kraut schießenden Praxen die Pfründen zu sichern.
Die beschriebene Problematik der fehlenden Elternkontakte, der mitzuschleppenden Materialien etc.pp. entwickelt sich ja nur da, wo Therpeuten von außerhalb in die Einrichtung kommen.
Sollte es nicht so sein, dass Einrichtungen zunehmend Therapeuten beschäftigen, die zum Team gehören und die Inhalte im Team ganz unspektakulär veankern können, so dass den ganzen Tag über ein sprachförndes Klima herrscht, anstatt die Eltern, die ihr Kind nach einem langen Tag abholen, noch zu Hilfstherapeuten umzuerziehen?
Das würde aber bedeuten, sich mit aller Kraft des Verbandes für geeignete Bedingungen in den Einrichtungen einzusetzen, damit sichere Arbeitsplätze zu schaffen und den Gedanken der Inklusion mit Leben zu füllen.
So verstanden fände ich das Positionspapier vernünftig und sinnvoll

Diethild R, 19-09-12 15:55:
Ich kenne engagierte Kitas, die schwache Eltern Unterstützen und z.T. deren Aufgaben übernehmen. Das ist für die Kinder gut!

Das Problem der Therapien in Einrichtungen sehe ich in erster Linie darin, dass 1. die Vergütung nicht stimmt,
2. de factobdie freie Therapeutenwahl eingeschränkt wird und 3. die Therapien mit eingeschränktem Material stattfinden und man eben nicht dem Kind, so wie in einer Praxis möglich, entgegen kommen kann. Ich unterstütze Frau Utrata in ihrer Meinung, dass eine gute Therapeutin überall gute Therapien machen kann, ergänze aber: den Umständen entsprechend! Und die sind oft schlecht!

Was ich bei der ganzen Diskussion vermisse, ist nochmal ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sich hier um Ideen zum weiteren politischen Vorgehen handelt.

Lt. HMR dürfen wir Regelkinder in Kitas derzeit gar nicht behandeln!

Wären Einzelfallgenehmigungen ein Weg?. Sie sollten zuerst mit dem Arzt, dann mit der KK besprochen werden, und es müsste geklärt sein,Meer die Zuusatzkosten trägt! Eltern, die zahlen können, sollten diese selber tragen, ansonsten ist ev. das Sozialamt einzubinden. UND die Eltern sollten eine Praxis ihres Vertrauens anfragen, damit die freie Wahl gewährleistet bleibt.

Bleibt die Frage, was für eine Praxis ich mir als Therapeutin dann noch leiste.

Wuerden die KK mitgehen? Was für Konsequenzen hat dies für bereits bestehende Praxen?


Die bestehende Regelung hat dem Missbrauch doch schon Tür und Tor geöffnet, ich mag mir nicht ausmalen, unabhängig vom Qualitaetsgedanken, was passiert, wenn eine allg. Öffnung stattfinden wuerde. Erfahrungen dahingehend wurden bereits in MG gemacht.

Cornelia , 19-09-12 15:40:
Natürlich ist die Therapie in Einrichtungen zeitaufwendiger, wenn keine Möglichkeit der Materialnutzung oder -lagerung vor Ort existiert.
Deshalb muss die Therapie dort auch -es kommen schließlich auch Fahrtkosten und Zeit hinzu- fair bezahlt werden.

Und zur Frage wie der KIga zur Therapeutin kommt, weiß ich nur, dass es bei uns mal so war, dass eine Mutter in der Praxis anrief, deren Kind allerdings einen I-Status hatte. Dann waren wir vor Ort und wurden schnell von anderen Eltern angesprochen, ob wir denn nicht auch ihre Kinder im Kiga therapieren könnten. Wir lehnten immer ab, es sei denn, die Kasse hat ihr o.k. gegeben, was die Eltern mit der Kasse klären sollte. Blieb es auch seitens der Kassen bei "nein" therapierten wir auch nicht im Kiga.

Wilhelm, 19-09-12 15:05:
Reisen wir einige Jahre in die Zukunft: Die Therapien finden nun ausschließlich in Einrichtungen statt; die Krankenkassen haben die Hausbesuchspauschalen abgeschafft, es gibt keine logopädischen Praxen mehr und die Logopäden fahren zur ersten Therapie in den 6 km entfenten Kindergarten, dann zu zwei Therapien in den 9 km entfernten nächsten Kindergarten, dann die nächsten 10 km zu zwei Hausbesuchen in's Altenheim, dann 19 km zum nächsten Altenheim, wo sage und schreibe ein Patient zu versorgen ist. (Die Fahrtkosten wurden natürlich mit den Hausbesuchspauschalen im Paket abgeschafft :-(). Zum guten Schluss gehts dann noch in das nächste nur 15 km entfernte Pflegeheim, in dem auch noch ein Patient therapiert werden darf. Der Logopäde ist also 59 km gefahren und hat den unfassbaren Umsatz von 227,50 Euro erwirtschaftet. Wirklich eine prima Idee , die Therapie in den Einrichtungen!!

anonym, 19-09-12 14:58:
Erfahrungsbericht

Nachdem ich nun seit fünf Jahren die Arbeit in einer logopädischen Praxis kennengelernt habe gehe ich jetzt seit einigen Monaten zusätzlich in einen Integrativkindergarten um auch dort Therapien zu geben.

Ich sah mir die Kinder an und stellte wie gewohnt meine individuellen Therapieziele fest.
Ich legte auch wie gewohnt für die Kinder ein Arbeitsheft an, durch das die häusliche Übung und somit eine Festigung von erarbeiteten Fähigkeiten gewährleistet werden soll.

Leider musste ich schon nach kurzer Zeit feststellen, dass ich meine Therapieziele nicht wie gewohnt in absehbarer Zeit erreichen würde. Frustrierend daran ist, dass dies nicht an den Kindern oder den therapeutischen Fähigkeiten liegt, sondern vielmehr an den Rahmenbedingungen die sich deutlich von denen im Praxisalltag unterscheiden.

Der erste wichtige Unterschied ist, dass die Kommunikation mit den Eltern fehlt. Zwar berichte ich den Erzieherinnen stets was gemacht wurde und teile Inhalte und Empfehlungen auch im Mitteilungsheft an die Eltern mit, jedoch sind die Eltern dadurch trotzdem nicht in der Lage Material effektiv zu wiederholen wenn sie dies überhaupt tun.
Denn meist wird das Heft nicht wieder mit in die Einrichtung gebracht. Die Eltern sehen nicht in der Therapie wo das Kind Schwierigkeiten hat und wie sie darauf angemessen reagieren können. Dabei wäre es gerade bei den Kindern die ich z.Z. behandele sehr angemessen die Eltern anzuleiten wie sie ihr Kind effektiv fördern können. Von den Eltern kommt keine Eigeninitiative. Die Logopädie im Kindergarten wird als eine Art Dienstleistung gesehen, frei nach dem Motto 'die machen das schon'. Leider sieht die Realität anders aus und jeder Therapeut sollte wissen, dass sich Sprache nur dann entwickeln kann, wenn die Kinder nicht nur max 2 mal pro Woche sprachlich gefördert werden, sondern vor allem auch zu Hause genügend Input bekommen. Aus dieser Sicht kann eine solche
Therapie im Kindergarten überhaupt nicht effektiv sein.

Der zeitliche Auffand für den Therapeuten ist enorm (Erklärung an die Erzieherin, schriftliche Notiz im Mitteilungsheft) mit einem verhältnismäßig geringen Nutzen.
Abgesehen davon ist die Organisation der Therapie mühsam. Oft sind Kinder krank, so dass man als Therapeut viel Zeit in die Vorbereitung steckt (Material einpacken, transportieren, Anreise- und Abreisezeit) etc. auch hier nur mit geringem Nutzen. Dies wirkt sich negativ auf die Motivation des Therapeuten aus.

Oftmals ist es auch so, dass man die Kinder aus dem Gruppengeschehen herausnehmen muss, was sich auch auf die Motivation des Kindes negativ auswirkt. Die Therapie kann nur selten ungestört ablaufen, da es im Flur meist laut ist und die Kinder es gewohnt sind, den Raum zu verlassen wie sie es wollen – in dem Fall auch den Therapieraum. Als Therapeut investiert man also auch viel Zeit in die Organisation (d.h. Kind in den Raum holen, zurückbringen, Material ein- und auspacken usw.). Das alles nimmt Zeit in Anspruch, die normalerweise effektiver genutzt werden könnte.

Um zumindest den wichtigen Aspekt der Elternarbeit in der logopädischen Behandlung stärker zu fördern haben wir einen Elternvertrag entworfen. Hieraus geht hervor, dass die Eltern regelmäßig, wünschenswert wäre mind. jede zweite Therapieeinheit an der Therapie teilnehmen sollen und eine individuelle Beratung und Anleitung zu Fördermaßnahmen erhalten. Dies bedeutet für den Therapeuten noch mehr Organisationsaufwand. Es ist im Kindergarten nicht immer einfach bestimmte Zeiten genau einzuhalten wie es in der Praxis sehr wohl geschieht. (Mal schläft das Kind gerade noch, es hat sich in die Hose gemacht etc.). Hierdurch verschieben sich die mit den Eltern abgesprochenen Zeiten, zu denen sie der Therapie beiwohnen sollten.
In der letzten Woche wurde ich diesbezüglich von den Erziehern angesprochen, dass die Teilnahme der Eltern in der Therapie gut und wichtig ist und ihnen auch klar sei warum dies so sei, dass demgegenüber jedoch nun auch der Aufwand der Erzieher steht : alle halbe bis dreiviertelstunde klingelt es, Eltern die noch warten müssen werden von den Erziehern entweder in die Gruppe geholt, was wiederum das Gruppengeschehen stört, oder aber im Flur zum warten gebeten und sogar mit einer Tasse Kaffee versorgt. Leider sehen die Erzieher zur Zeit den Mehraufwand der Elternteilnahme als überwiegender, und wir müssen nach Kompromissen suchen um doch noch die wichtige Elternmitarbeit gewährleisten zu können.
Ein wahnsinns Aufwand, der am Ende doch nicht die Qualität meiner Arbeit in der Praxis erreichen kann. Einige Eltern erkennen dies bereits und kommen zusätzlich noch zur Therapie in die Praxis. In der Praxis sind die Eltern bei mir immer mit am Tisch. Sie sehen genau was ich mache und wie ich arbeite. Sie erkennen die Stärken und Schwächen ihrer Kinder und können damit zu Hause besser umgehen. Die Übertragung von Lerninhalten geht einfach schneller und besser und macht allen mehr Spaß.

Ich wünsche mir unbedingt für meine berufliche Zukunft, dass die Therapie in Kindergärten nicht zum Regelfall werden. Ich möchte meine wichtige Arbeit mit Eltern zusammen in meiner Praxis in Ruhe durchführen können und den Wert und die Qualität meiner Arbeit beweisen können. Wenn eine Öffnung der Kindergärten für Therapien erfolgt, werden alle Eltern diese Bequemlichkeit fordern und dann wird es Kindertherapien in Praxen bald nicht mehr geben. Logopädie wird eine minderwertige Dienstleistung werden. Wenn die Eltern aber nicht mehr in den Therapien mit am Tisch sitzen verliere ich den wichtigen Kontakt und die damit verbundene Einflussmöglichkeiten auf die Familien, die für eine Behandlungserfolg und eine echte Veränderung so wichtig sind.

Ich hoffe, dass es nie zu einer Öffnung dieser Regelung kommen wird und wünsche mir vom dbl und meinem Berufsverband einen starken Einsatz, um die illegalen Tätigkeiten einiger Praxen einzuschränken.

Valerie, 19-09-12 13:11:
Liebe Kollegen und KollegInnen!
Ich arbeite selbst in einem Kindergarten und bin an diese Aufgabe durch eine Urlaubsvertretung eines Kollegen gekommen. Ich kann den Ärger der Kritiker verstehen und finde ihn, obwohl ich selbst im Kindergarten arbeite, zum Teil berechtigt. Ich habe einen Haufen Packerei, jede Woche schleppe ich sehr viel mit mir rum... die Therapieplanung ist aufwendiger als in der Praxis, weil ich die Therapiestunde im Vorhinein durchgeplant haben muss und sie ist weniger flexibel als in der Praxis, wo ich spontan umdisponieren kann, wenn die Stunde anders verläuft als erwartet. Was die Eltern angeht sind im Kindergarten genauso engagierte wie unengagierte Eltern wie in der Praxis auch. Allerdings ist der Kontakt aufwendiger, es kommen Telefonzeiten, Briefchen schreiben etc zusätzlich zu der Hausaufgabenmappe hinzu. Ich finde die Therapie in der Einrichtung also insgesamt für uns aufwendiger als in der Praxis. Wenn ich also wählen kann, ziehe ich eindeutig die Therapie in meiner Praxis vor. Aber der Alltag sieht anders aus: unsere ganz frühen Termine (morgens vor neun) und die späten (nachmittags nach 16 Uhr) platzen aus allen Nähten und ich könnte sie doppelt und dreifach besetzen. Die Vormittage, an denen die Kinder aber am fittesten sind, sind eher spärlich besetzt. Soll ich die dreijährigen in den Abend verlegen auf Termine nach 19 Uhr?? Ist dann noch eine qualitativ gute Therapie gewehrleistet? Ich glaube wir müssen uns von unseren Wünschen verabschieden und uns den Realitäten stellen. Allerdings finde ich es sehr wichtig, das Qualitätssicherung (also Mindestanforderungen an Therapien in Einrichtungen) stattfindet und auch die Vergabe geklärt wird. Genauso wichtig fände ich aber auch eine Vergütung unseres Mehraufwandes für Therapien in Einrichtungen.

Uwe, 19-09-12 12:18:
Therapie in Einrichtungen - und dann? Sind überall die z.B. räumlichen Voraussetzungen gegeben? Nein, nicht in allen Einrichtungen. Und:wie geht es weiter? Ich sehe die Gefahr, dass selbständige Therapeuten auf diesem Weg zunehmend entsorgt und bald als schlecht bezahlte Hilfskräfte in Einrichtungen landen. Und wer keine guten Beziehungen hat wird draußen bleiben, kaum noch Patienten, Praxis zu.
Mal ganz ehrlich: wie viele Eltern schaffen tatsächlich nicht den Weg in eine Praxis???

Steffi  19-09-12 11:44:
Ich schließe mich Herrn Abel und Simon H. Unbedingt an.
Für mich stellt sich bei allen anderen Bedenken auch die Frage, wie der Therapeut denn an die Therapie in der Einrichtung herankommt. Gibt es demnächst Vorstellungsgespräche in der Kita? Wer zuerst kommt, malt zuerst? Wie soll denn die Verteilung vonstatten gehen?
Ich halte die Therapie in Kitas für völlig falsch. In Praktika während der Ausbildung habe ich mir dazu meine Meinung bilden können und die ist ausschließlich negativ.

Sabine, 19-09-12 09:57:
Ich hätte da mal nè Frage:
Was ist denn eigentlich mit der freien Therapeutenwahl, wenn die Einrichtung einen bestimmten Kollegen anbietet? Steht der Kollege dann nicht zwischen der Einrichtung,Eltern bzw. Patient und allen anderen Praxen; kann also auch die Kinder "abgreifen" ( schreckliches Wort! )die er dort gar nicht therapiert, weil er ja nun in dieser Einrichtung bekannt ist? Ich kenne Kollegen, die in Regelkigas Sprachförderung machen, nur aus diesem Grund.

Michelle, 18-09-12 21:50:
Lieben Kollegen,

auch ich bin für die Therapie in Einrichtungen- die Vorteile und Argumente wurden von anderen bereits deutlich gemacht. Ich habe meine Erfahrungen aus einer Praxis und einer Einrichtung.
Natürlich trifft man in Kindergärten auch immer wieder auf Eltern, die sich mal nicht so richtig "kümmern", aber genau diese Fälle kenne ich auch aus der Praxis. Eltern sind krank, müssen arbeiten oder bekommen ihren Alltag einfach aus anderen Gründen nicht strukturiert. Diejenigen, die darunter zu Leiden haben, sind aber leider die Kinder, die weiß Gott ihre Therapie zum Teil bitter nötig haben. Dies finde ich sehr schade. Sie verlieren ihren festen Therapieplatz durch unregelmäßiges Erscheinen und erhalten letztendlich keine effektive Therapie. In den Einrichtungen habe ich bei solchen Fällen wenigstens die Sicherheit, dass die Kinder ihre Unterstützung bekommen und auch die Erzieherinnen arbeiten hierbei sehr gut mit. Auch wenn zu Hause zeitweise mal nicht ausreichend mitgearbeitet wird.
Wenn die Therapie qualitativ hochwertig ist, das heißt für mich vernünftig strukturiert und geplant und man das Material aus der Praxis mitnimmt (inklusive Spielen, Tests, Material, Hausaufgabenmappe, Mundmotorikmaterial, Übungspläne etc), kann eine Therapie in einer Einrichtung durchaus genauso effektiv sein wie in der Praxis. Wenn man dazu einen geeigneten Raum hat in dem es ruhig ist und für jedes Kind eine feste Zeit- prima. Auch die Elternkommunikation kann gut funktionieren, z.B. Zettel mit Hausaufgaben in der Elternpost, regelmäßige Telefonate und Gesprächstermine. Dann sollte auch die Therapie in einer Einrichtung gut möglich sein.

Simon H., 18-09-12 20:36:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Bietet die Öffnung der Einrichtungen für Logopäden Chancen? - Zweifellos.

Ja, der Weg zu den Pädagogen ist dort kürzer.
Aber entschuldigt mal, wenn ich bisher eineN ErzieherIn oder LehrerIn kontaktieren wollte -oder umgekehrt- dann hat das in der Regel auch geklappt. Vielleicht nicht sofort und im ersten Anlauf, aber per Telefon, Fax, e-Mail und von mir aus FaceTime sollte sich -guter Wille vorausgesetzt- eine Möglichkeit finden. Wenn allerdings jemand nicht an einem Austausch interessiert ist, wird es mich auch nicht wesentlich weiter bringen, dass er/sie mir in der Einrichtung weniger gut weglaufen kann.

Ja, es kann sinnvoll sein, das Kind im Alltag, außerhalb der Praxis zu beobachten.
Aber entschuldigt mal, wozu brauche ich denn teure, gut erreichbare Praxisräume, die ich hochwertig einrichte und -weit
über das Minimum hinaus- mit dem jeweils aktuellen Therapie- und Diagnostik(!)material ausstatte, wenn es doch reicht, mit Bauchladen von Einrichtung zu Einrichtung zu ziehen, weil es viel wichtiger ist, die Kinder im Alltag zu beobachten? Ich glaube es gibt weder den Kindergarten, der das Material einer gut ausgestatteten Praxis vorhält, noch die Sprachtherapeutin, die in ihrem Nissan Micra ein rollendes Therapiematerial-Lager für alle Eventualitäten betreibt. Wenn ich mit einem Patienten einmal im Alltag, außerhalb der Praxis arbeiten will, weil es Sinn macht, weil ich es therapeutisch begründen kann, dann ist das In-vivo-Arbeit und als solche realisierbar.

Ja, Kinder, die sonst eine gebotene Therapie gar nicht erhalten würden, können in der Einrichtung leichter "eingefangen" werden.
Aber entschuldigt mal, wir wissen doch eigentlich, dass Therapie ohne (oder gar gegen) die Eltern NICHT FUNKTIONIERT, oder? Warum sollte ich also Ewigkeiten in der Einrichtung an einem Kind herumtherapieren, wenn ich weiß, dass den Eltern die Behandlung Wurscht ist und auch ganz gewiss keine therapeutischen Hausaufgaben erledigt werden? Weil das besser ist als gar keine Therapie? Falsch. Aus wirtschaftlichem Interesse? Richtig.

Unsere Erfahrung in Leverkusen ist, dass es Mitbewerber gibt, die sich (schon immer, verboten oder nicht) um Kooperationen mit Einrichtungen, besonders Kindergärten, balgen. Diese stehen aber bei verordnenden Kinderärzten eher in dem Ruf, wenig zielführende Diagnostik, dafür aber umso länger Therapie zu machen. Solche Praxen arbeiten also weniger effizient, dafür/dadurch aber sehr profitabel.

Die Situation hier gleicht der in Mönchengladbach, wie Jörg Abel sie beschreibt und gibt Grund zu Ärger und Sorge. Weil wir aber glauben, dass Qualität sich herumspricht und wir wahrnehmen, dass verordnende Ärzte und zunehmend auch engagierte Eltern genau dafür sorgen, hält sich unsere Panik angesichts solch unsinniger Bestrebungen wie der hier diskutierten in erträglichen Grenzen.

Kirsten, 18-09-12 20:26:
Logopäden in Kindertagesstätten super Idee- aber um wirklich Einfluss nehmen zu können, sollten diese dort angestellt sein und im Alltag von Kindern, Erziehern und damit auch der Eltern präsent sein. Ich kenne aus persönlicher Erfahrung beide Varianten. Als die "Besuchs- Logopädin" 1x/ Woche ist die Effektivität doch ziemlich bescheiden...

Stefan, 18-09-12 20:20:
Die Lebenswirklichkeit der meisten Kinder und Eltern sieht doch so aus, dass die Kinder bis ca. 15. Uhr in der Einrichtung sind. Selbst wenn ein Elternteil nicht berufstätig ist, wird das Kind nur ungern aus der KiTa geholt, weil es dann etwas verpasst oder weil es organisatorisch nicht möglich ist oder weil es auch einfach unbequem ist. Für meine Praxis bedeutet das, dass ich zum Großteil Terminanfragen von 15.00 - 18.00 habe. Wenn dieser Veränderung der Lebenswirklichkeit nicht Folge getragen wird, indem die Behandlung für alle Kinder in allen Einrichtungen möglich wird, müsste ich meine Praxis deutlich verändern, verkleinern oder sogar schließen. Und wie verträgt es sich mit der Inklusion, dass nur von Behinderung bedrohte Kinder in Einrichtungen behandelt werden dürfen? Wieso wird diese Patientengruppe plötzlich besser gestellt? Es ist doch durchaus möglich, geeignete RAhmenbedingungen in Einrichtungen für eine gute Behandlung zu organisieren. Ich bin dafür, dass der Zugeng zu allen Einrichtungen kassenrechtlich möglich wird. Auch die Einbindung in den Lebensalltag der Kinder kann so noch besser gelingen.

Steffi, 18-09-12 20:18:
Natürlich ist es in einer Einrichtung eine andere Arbeit, aber auch dort gibt es Vorteile z.B. den direkten Austausch mit den Erziehern. Ich kann auch nicht glauben, dass die Therapie dort schlechter sein soll. Natürlich bin ich nicht so flexibel, was Spielauswahl betrifft, und der Geräuschpegel ist natürlich höher, als in einer Praxis, aber es ist alles machbar. Ich bin in 2 Einrichtungen derzeit tätig, in denen ich einen Raum nutze, der von den Gruppenräumen etwas entfernt liegt, so dass der Lärm problemlos ist. Mit den Eltern halte ich telefonisch und zu gesonderten Terminen Kontakt. Viele von meinen aktuellen Patienten könnten nicht in die Praxis kommen und würden demnach keine Therapie erhalten. Das ist nicht sinnvoll, da wir dann der Zweiklassengesellschaft wieder näher wären.
Ich plädiere klar für das Arbeiten in Einrichtungen - mit hoher Qualität.

Barbara  18-09-12 19:55:
Ich mache unterschiedliche Erfahrungen mit Therapien in Einrichtungen, ich arbeite in einer heilpädagogischen und in einer Förderschule geistige Entwicklung..
ja häufig mache ich die Erfahrung , dass Eltern sich gar nicht interessieren und es für sie eine Lebensaufgabe bedeutet, eine VO zu besorgen..
und dann widerum froh sind nix mehr damit zu tun zu haben -und andere sind total engagiert und interessiert...
aber das sieht man in der Praxis ja auch. Nur da hat man die Leute auch vor Augen, wobei es auch hier Fälle gibt, da kommt die Oma Nachbarin,
das Geschwisterkind wenn es nah ist.Ich glaube schon, dass sich das Leben viele geändert hat, dadurch ,dass einfach beide arbeiten müssen und manche kommen echt abgehetzt und gestresst mit ihren Kindern in die Therapie.
In der Einrichtung ist es auch manchmal ein Problem, dass die Kinder nicht aus dem Spiel gerissen werden wollen, oder eine Aktion verpassen wollen..
Da helfen dann feste Termine,dass die Erzieher sich auf darauf einstellen.
Ich sehe auch manche Familien, deren Kinder wohl nie Logo oder Ergo bekommen würden.. wenn es nicht so läuft sie sind einfach nicht in der Lage, ihr Leben zu organisieren..
Ich seh Vor und Nachteile, glaube aber , dass es eine Anpassung an verändertes Leben geben sollte..
weiß nur nicht wie man das regeln könnte... also z.B. besonders krasse Fälle, wo Eltern krank sind oder sehr belastet..evtl erlauben..
Wenn es generell erlaubt würde Auch für die Regelk- glaube ich ,dass das auch ein Chaos für die Enrichtungen wäre.. je nachdem wie es genutzt wird..


Viele Grüße
Barbara

Nina, 18-09-12 19:48:
Viele Kinder werden heute nunmal 8-10 Stunden betreut. Ich therapiere Kinder mit I-Status an verschiedenen Schulen und in Kindergärten und mache sehr unterschiedliche Erfahrungen.
In der Stadtteilschule im sozialen Brennpunkt ist die Elternarbeit schwierig, weil die Eltern oft kaum Deutsch sprechen, da ist der Austausch mit den Lehrern um so wichtiger und erfahrungsgemäß sehr wertvoll! Im Kindergarten im gutbürgerlichen Stadtteil steht tatsächlich oft der Servicegedanke im Vordergrund und man freut sich über einen zusätzlichen Erwachsenen im Haus.
Es liegt auch an uns Logopäden, da klare Regeln aufzustellen! Wenn ich in einer Einrichtung nicht den notwendigen Austausch mit den Pädagogen erfahre, breche ich die Behandlungen dort ab! Auch mache ich einen geeigneten Raum und die Möglichkeit Material dort zu lagern zur Bedingung. Einige Einrichtungen sind gut ausgestattet und stellen Material zur Verfügung... alles Verhandlungssache! Ich arbeite (da selbst Mutter) lieber am Vormittag und das ist bei uns ohne Institutionen garnicht mehr zu schaffen. Natürlich wäre eine höhere Vergütung dankenswert, aber das kann das Positionspapier vielleicht erreichen....

Samia, 18-09-12 18:43:
Ich arbeite als Logopädin in einer heilpädagogisch-integrativen Kindertagesstätte und muss sagen, dass ich es als positiv erlebe, dass Kind in seinem "Alltag" zu beobachten und begleiten und eine intensive Beziehung zu ihm aufzubauen. Es ist gut möglich, in Kooperation mit Heilpädagoginnen, Erzieherinnen und Eltern Teile der Einzeltherapie in den (Kita-)Alltag zu integrieren und für Fragen und Anleitung zur Verfügung zu stehen. Durch die Schwerpunkte der Kindersprache und der Unterstützten Kommunikation konnte sich unser Logo-Team durch regelmäßige Fortbildungen auf diese Bereiche spezialisieren und durch die Zusammenarbeit mit Ergo- und Physiotherapeutinnen ein individuelles Förderkonzept für das Kind erarbeiten.
Ich bin froh über den wertvollen fachlichen Austausch, der mir in der Praxis häufig zu kurz kam.
Es kommt natürlich auf die richtigen Rahmenbedingungen an - wenn diese jedoch gut durchdacht zur Verfügung stehen können sowohl die Kinder als auch die Therapeutinnen davon profitieren.

Susanne Mayer, 18-09-12 15:01:
Ich halte es für völlig illusorisch, dass in Regelkindergärten und Regelschulen Therapien so effizient laufen wie in der Praxis. Die geforderte Einbeziehung von Eltern und Fachpersonal wäre die Ausnahme, nicht die Regel. Ich habe in den USA als Logopädin an Schulen gearbeitet und weiß, wovon ich spreche. Es fehlen u.a. geeignete Räume, Material, geeignete Zeitfenster im Gruppenprogramm, Anwesenheit der Eltern. Die bisher geäußerten Bedenken teile ich in vollem Umfang. Auch ich habe viele, teils alleinerziehende, berufstätige Eltern, die es möglich machen, in meine Praxis zu kommen. Meine Praxis ist optimal ausgestattet für logopädische Therapien (s. Anforderungen in den Zulassungsbestimmungen). Das können weder Kindergärten noch Schulen auch nur annähernd erfüllen. Dem Positionspapier des DBL fehlt in der vorgelegten Form der Realitätsbezug zum Alltag und zu den räumlichen Gegebenheiten in Kindergärten und Schulen, nicht zuletzt auch in Bezug auf den Geräuschpegel. Die Ganztagsbetreuung als Hindernis für Therapie in einer Praxis ist auch kein Argument, denn offenbar wird nicht geplant, Ärzte, Zahnärzte, Physiotherapeuten usw. in Einrichtungen zu schicken, oder?! Ich hoffe, dass am Ende dieser Diskussion ein Positionspapier steht, dass die Behandlung in Einrichtungen weiter auf die bisher erlaubten Ausnahmefälle beschränkt bleibt. Alles andere führt zu einem signifikanten Qualitätsverlust in der logopädischen Arbeit.

Cornelia  18-09-12 14:57:
Also, bezugnehmend auf meinen Vorschreiber: ich bin nicht der Ansicht, dass Therapie in der Einrichtung nicht echt und wertvoll ist. Sie kann es
sein, dann aber ist es meiner Meinung nach so, dass der Therapeut, der in der Einrichtung mindere Therapien, so wie Sie schreiben 2. Klasse, anbietet, auch in seiner eigenen Praxis keine qualitativ bessere Therapie durchführt. Dann ist er kein guter Therapeut, egal, wo er arbeitet.

Und Elternarbeit ist auch in der Einrichtung möglich. Es gibt genügend Eltern, die ihr KInd einfach auch nur abliefern, wenn es in der Praxis therapiert wird und es gibt so richtig viele Eltern, denen das alles sowieso Schnurz ist, ob ihr KInd nun Therapien bekommt oder nicht. Alles so erlebt. Wenn diese Kinder dann NICHT in den Einrichtungen therapiert würden, dann kämen diese kleinen Menschen gar nicht in den Genuss der Sprachtherapie.

Und ich schreibe auch als Mutter von 3 KIndern; ich hätte es als äußerst angenehm empfunden, wenn mein KInd / meine KInder während ihres Kigatages ihre Ergo und/oder Logo bekommen hätten. Das heißt nicht, dass ich an der therapeutischen Arbeit uninteressiert gewesen wäre.

So mußte ich immer keulen, um die Termine einhalten zu können.

Aber machen wir uns doch nichts vor: Mütter, Väter, Eltern, denen ihr KInd wichtig ist, die wuppen auch Therapien nach dem Kiga, nach der Schule, nach der Arbeit. Die organisieren sonst Ersatzomis o.ä., die in die Praxis kommen, wenn sie selbst nicht können. Für die andere Gruppe siehts doch so aus, wie geschrieben: die sind so bequem, dass sie ihren Hintern nicht hochkriegen oder aber wirklich einfach nicht in der Lage sind- auch finanziell nicht- für ihre KInder nach Verordnungen zu laufen, regelmäßig die Therapien wahrzunehmen (genau, dies beeinflußt den Therapieerfolg ja maßgeblich.

Da jetzt zu argumentieren, dass die Eltern uns als Dienstleister mißbrauchen, ist so falsch ja nicht, aber, wenn die Therapien nicht in den Einrichtungen durchgeführt würden, dann hätten diese Kinder gar keine Therapie. Und das kann ja auch nicht unser Wille sein. Von daher bleibe ich bei meinem Standpunkt: Therapien in Einrichtungen ja- mit fairer Vergütung.

Diethild, 18-09-12 13:45:
Ich kann mich "Jörg" nur anschließen.
Es gibt immer wieder mal Fälle, in denen Eltern tatsächlich viel Unterstützung brauchen und eine Therapie in der Einrichtung auch ohne I-Status sinnvoll sein kann. Das sind Ausnahmefälle.
In der Regel können und sollen Eltern es leisten, ihre Kinder zur Therapie zu bringen. Die Kinder können noch mitarbeiten, wenn der Tag so gestaltet wird, dass eine Pause vorhanden ist. So viel Verantwortung muss sein.
Meine Erfahrung auch mit I- Kindern im Kiga: wir sollen immer ganz viel... Dann wird vom Kindergarten aus ein Fest geplant, Geburtstag gefeiert, ... Absagen kommen noch schleppender, unzuverlässiger. Da fühlt sich der Kiga dann nicht mehr verantwortlich. Hauptsache, das Angebot und der Service stimmt.
Therapie ist auch in meinen Augen 2.Klasse- Therapie: Sachen packen, nichtberufstätig das Kind eingehen können, weil das Material beschränkt ist, kaum oder kein Elternkontakt, Kinder, die lieber nach draußen wollen, wo die andern toben (Turnen o.a.) und dementsprechend zu motivieren sind - und das alles noch ohne Zusatzvergütung...

Wer dem zustimmt, hat keine Finanzprobleme und fühlt sich offenbar ausreichend bezahlt.
Ich habe noch keinen Kiga gehabt, der bereit gewesen waere, eine Pauschale für die Fahrten zu bezahlen, geschweige denn, fuer den zusätzlichen Aufwand. Eltern übrigens auch nicht! Die Kassen sind dafür nicht zuständig!

Jörg, 18-09-12 10:25:
Ich möchte hier antworten auf die Meldung von Cornelia 17-09-12 17:18:
Die Lebenswirklichkeit vieler Familien ist doch nun so, dass beide Elternteile arbeiten (müssen). Das Kind dann nach der Arbeit oder nach dem Kiga zur Therapie zu bringen, ist stressig.

NEIN, ES IST NICHT SO , DASS IN DEN MEISTEN FAMILIEN BEIDE ELTERN VOLLZEIT ARBEITEN. ES IST EINE FRAGE DER ORGANISATION UND DER EINSTELLUNG ZUR EINER THERAPIE, OB ICH MEIN KIND ABGEBE ODER IN EINE PRAXIS FAHRE UND DIE THERAPIE BEGLEITE. ES IST DIE FRAGE, OB ICH EINE DIENSTLEISTUNG IN ANSPRUCH NEHME ODER EINE THERAPIE MACHE.

WIR HABEN HIER EINIGE ELTERN, DIE BERUFSTÄTIG SIND UND BEWUSST IN DIE PRAXIS KOMMEN, UM DIE THERAPIE BEGLEITEN ZU KÖNNEN- WEIL SIE IN EINEM KINDERGARTEN THERAPIERT WURDEN UND ERLEBT HABEN, DASS DIES NICHT EFFEKTIV IST , NICHT BEFRIEDIGEND FÜR ELTERN UND KIND. SIE EMPFINDEN NUN DIESE KINDERGARTENARBEIT ALS "THERAPIE 2. KLASSE"

SELBST ALLEINERZIEHENDE ORGANISIEREN BEI UNS EINEN VORMITTAG FÜR DEN BESUCH BEIM LOGOPÄDEN ODER KOMMEN NACH DER ARBEIT MIT DEM KIND. SELBST KLEINE KINDER SIND UM 17.00 NOCH IN DER LAGE SPIELERISCH ZU ARBEITEN. BEIM VORLESEN ZUM EINSCHLAFEN NEHMEN SIE JA AUCH NOCH WERTVOLLEN INPUT AUF!!!!

JA DAS IST STRESSIG. ABER EINE ECHTE THERAPIE IST WERTVOLL UND SO SOLLTE ES AUCH BLEIBEN!!!

Cornelia  17-09-12 17:18:
Die Lebenswirklichkeit vieler Familien ist doch nun so, dass beide Elternteile arbeiten (müssen). Das Kind dann nach der Arbeit oder nach dem Kiga zur Therapie zu bringen, ist stressig. Von daher begrüße ich, dass Therapien für alle Kinder (nicht nur mit I-Status) in Einrichtungen stattfinden sollen. Die räumlichen Voraussetzungen müßten natürlich gegeben sein, so dass qualitativ hochwertige Therapien (genau wie in der Praxis) durchgeführt werden können. Aber ich kann nicht akzeptieren, dass keine HB-Pauschale verlangt werden soll. Schließlich würde man dann ja auch in weiter entfernte Kigas fahren, warum denn dann auf km-Geld und Hb verzichten? Wir verkaufen uns doch eh´unter Wert und dann noch mehr Gefälligkeiten? Nee.

Anette, 17-09-12 13:03:
Nun möchte ich noch einen Nachsatz anfügen:

Auch innerhalb der Praxis haben wir einerseits sehr motivierte Familien, in denen die Eltern auch zu Hause mit ihren Kindern üben.

Dennoch gibt es parallel eine nicht allzu geringe Gruppe von Eltern, die auch hier ihr Kind nur "abliefert", und nicht wirklich an den logopädischen Inhalten interessiert ist.

Gerade Patienten aus letzterer Gruppe könnten vielleicht sogar innerhalb von Einrichtungen besser gefördert werden. Erzieherinnen könnten auf bestimmte (logopädische) Aspekte ein Auge werfen und das Kind im Alltag immer wieder mal dazu ermuntern das Gelernte anzuwenden. Auch mancher Gruppeneffekt könnte sich hier positiv auswirken...


Anette, 17-09-12 13:00:
Bereits seit längerem stellen wir fest, dass wir an Vormittagen kaum noch Patienten bekommen.

Wenn die Kinder dann nach ihrem Kindergartenvormittag oder sogar nach einem Nachmittag im Hort zu uns kommen, sind sie müde und teilweise unmotiviert.

Bei vollzeitbeschäftigten Eltern ist zudem häufig nur eine Terminvereinbarung nach 17.00 Uhr oder später möglich.

Zeitphasen mit guter Konzentration können dann für die Logopädie nicht genutzt werden.

Therapieerfolge lassen so natürlich länger auf sich warten.

Ich und mein Team plädieren dafür, dass die Therapie in Kindergärten und Horten / Tagesheimen erlaubt wird.

Begleitend können ja gezielte Elterntermine (z. B. 1 x monatlich) in der Praxis durchgeführt werden.

Hausbesuchspauschalen sind hierfür nicht notwendig, da es sich ja lediglich um einen zusätzlichen Therapieort für mehrere Kinder handeln würde.

Die Honorarsätze sollten sich an unserer Qualifikation bemessen, nicht ausschließlich daran, dass die Therapie in den eigenen Praxisräumen durchgeführt wird.

Dennoch soll eine Praxis als fester Standort exisieren.

Anette

Gabriele W, 17-09-12 12:11:
Hallo, auch bei uns gibt es das Problem, dass Praxen ihre Logopäden in Regelkindergärten postieren. Dies geschieht vor allem in den anliegenden Dörfern, wo die Eltern sich natürlich darüber freuen, dass sie nicht in die Stadt fahren müssen und die Kinder so nebenbei eine Therapie erhalten. Ein Anruf bei der AOK pus Thürngen erbrachte, dass man von Seiten der AOK nichts dagegen machen kann, da man ja nicht weiß, ob nicht auch integrative Kinder in den Einrichtungen sind. Auch mehrere telefonsiche Gespräche und E-Mails (seit Mai 2012) mit dem VdeK waren bisher nicht erfolgreich. Hier wurde ich auf einen stattfindenden Ausschuß vertröstet, der irgendwie von Monat zu Monat verschoben wird. Alles in allem sehr ärgerlich und bisher ohne eine Möglichkeit gegen diese Praktiken vorzugehen.

Jörg, 17-09-12 10:49:
Im Juni 2012 fand der dbl Kongress in Nürnberg statt. Auch hier waren die 'Therapien in Einrichtungen' ein wichtiges Thema. Die Mitgliederversammlung stimmte über unsere Eingabe ab, eine Mitgliederbefragung zu diesem Thema durchzuführen. Dieser Befragung sollte eine breite, öffentliche Diskussion vorausgehen. Hierfür sollte eine Internetplattform erstellt werden, die allen Beteiligten offensteht, also nicht nur dbl Mitgliedern, sondern auch Eltern, Ärzten, Erzieherinnen und Logopäden oder Sprachheiltherapeuten, die nicht dbl Mitglieder sind.
Dieser Eingabe wurde mit großer Mehrheit der Mitglieder zugestimmt.

Diese von uns geforderte Diskussions- und Informationsplattform hat der dbl hier nun bereitgestellt.

Wir freuen uns auf Ihre Kommentare! Arbeitsgruppe Logopädie Mönchengladbach www.logoabel.de





1 Kommentar:

  1. Man muss hier auch bedenken, dass die Zeiten sich sehr verändern und alle Therapeuten immer wollen, dass sich auch bei der Logopädie etwas ändert und wir mehr Möglichkeiten bekommen.
    Hier wird nun, etwas wie ich finde Posititves vom dbl gestartet und viele beschreiben hier nur Negatives, obwohl wir auch das Positive sehen sollten!
    Wir können an Kinder herankommen, die evtl. noch gar nicht aufgefallen wären und auch einen viel besseren Blick auf das Kind im alltäglichen Leben bekommen. Denn eine Einzelsituation in der Therapie ist nie der Alltag und wir können nie genau herausfinden, wie das Kind auf die Therapie anschlägt. Eine Logopädin/ Logopäden, der/die auch in einer Einrichtung arbeitet, kann durch Beobachtungen erkennen, wie das Kind alles umsetzt, dass es von der Therapie mitbekommen hat.
    Man abreitet eng mit dem gesamten Umfeld des Kindes zusammen (Erzieher, Eltern, andere ansässige Therapeuten in der Einrichtung, Schullen usw.)
    Was könnte sich ein Therapeut besseres vorstellen? Man bekommt ein sehr tiefes Bild vom Kind und kann seine Therapie danach ausrichten.
    Daher und wegen vielen anderen Punkten bin ich DAFÜR!!!

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