Unsere Bilanz der Diskussion

Bilanz der Zusammenfassung der Beiträge im Forum „Therapien in Einrichtungen“

Aus den Zusammenfassungen der Beiträge bis zum 08.11.2012 ergibt sich rein quantitativ folgendes Bild: 154 Beiträge, davon:

39 Beiträge (25 %) für die Öffnung, 115 Beiträge (75 %) gegen die Öffnung.

Mit anderen Worten: ¾ der Kommentare sind gegen die Öffnung.

1.) Die weitaus größte Beachtung fand der Aspekt der „Qualität und Effektivität der Therapien“.

Fast alle der ablehnenden Beiträge waren der Meinung bzw. hatten die Erfahrung gemacht, dass sich durch die Therapie in Einrichtungen eine Verschlechterung von Qualität und Effektivität ergeben würde.
Argumente für minderwertige Qualität/Effektivität: schlechtere Flexibilität in Einrichtung, räumliche Ausstattung, höherer Lärmpegel, Material mitschleppen, Kinder aus Ablauf herausholen, Therapieausfälle.
Die Bedenken hängen ganz eng mit dem Faktor „Elternkontakt und Elternmitarbeit“ zusammen. Fast alle Qualitäts-Skeptiker führen die unzureichende Elternarbeit in Einrichtungen ins Feld.

2.) Dies bezweifelten allerdings ca. 10 Beiträge, ja fanden teilweise sogar, dass die Qualität der Therapie in Einrichtungen höher möglich sei.

Die Qualität-Gleichwertig-Befürworter führen ins Feld:
erweiterte Kommunikationsanlässe, Material der Einrichtung kann mitbenutzt werden, Einbeziehung von Freunden, Anleitung der Erzieherinnen, Kinder vormittags konzentrierter, telefonischer und schriftlicher Kontakt mit Eltern möglich und gleichwertig, zusätzliche Elterntermine in Praxis möglich,

Zusätzliche Aspekte sind:
  • Werden die Eltern durch Therapie in Einrichtung aus der Verantwortung entlassen und einer Tendenz, Kinder nur zur Reparatur abzugeben, Vorschub geleistet?
  • Aber auch: manche Kinder würden nie in der Praxis behandelt werden können, diese hätten nur in der Einrichtung eine Chance zur Therapie.

3.) Nicht selten wird eine angemessene Vergütung von Logopäden in der Einrichtung gefordert, zum Teil mit Hausbesuchspauschale und Fahrtkostenvergütung. Etliche Logos befürchten eine schlechtere Vergütung.

4.) In einigen Beiträgen wird eine Reduzierung des Status der logopädischen Tätigkeit befürchtet (Punkt 6 in Befragung).

5.) Die veränderten gesellschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Rahmenbedingungen werden relativ oft aufgeführt (Mütter zumindest vormittags berufstätig, möglichst beide Eltern): mehr ganztagesbetreute Kinder (vgl. Frage (4), stressiges Bringen in Praxis, Kinder nachmittags demotiviert und müde.
Im Gegensatz hierzu beschreiben viele Logos die Machbarkeit von Therapien mir berufstätigen Eltern. Diese nehmen sich bewusst die Zeit und kommen nach 15.00 Uhr oder vormittags, Kinder sind durchaus nachmittags zu motivieren und lernfähig.
6.) Zur Rolle des Verbandes: relativ oft wird gefordert, dass der dbl den Missbrauch von nicht genehmigten Behandlungen bekämpfen soll.
Einige Beiträge äußern sich kritisch über die Rolle des dbl: über 10 Mal sieht man sich schlecht durch den Verband vertreten.
Teilweise wird auch kritisch gefragt, was denn die eigentliche Motivation des dbl für das Engagement zugunsten der Öffnung sei: eher doch das Geld (dass sich hier ein neues Arbeitsfeld öffnet) – die Qualität zu fordern ist leicht, aber eine Kontrolle wird nicht zu praktizieren sein.
Zitat: „Ein Berufsstand demontiert sich mit Hilfe seines eigenen Berufsverbands selbst.“

Auch wird die mangelnde Kontrolle der Qualitätsrichtlinien bemängelt. Für die Bekämpfung des Missbrauchs stehen keine Hilfen zur Verfügung. Illegale Therapien können selten bekämpft werden.

Zitat: „Wo kein Kläger, da kein Richter“
7.) Zu ergänzen wäre die Liste der Fragen zur Mitgliederbefragung unbedingt durch die oftmals geäußerte Befürchtung, dass die freie Therapeutenwahl eingeschränkt würde, dass sich Großpraxen in die Einrichtungen drücken, dass ein großer Verteilungs- und Verdrängungskampf stattfinden wird, dass viele kleine Praxen untergehen würden.
(Zitat: „Es wird darum gehen, möglichst viele Kinder „abzugreifen““.)
Z.B.:
„Ich befürchte, dass die freie Therapeutenwahl bei der Öffnung eingeschränkt wird und dass es zu einem Verdrängungs- und Verteilungskampf kommen wird.“
Hängt zusammen mit Frage (9), dass sich jetzt schon viele Logos durch illegale Therapien in ihrer Existenz bedroht fühlen..

8.) Zusätzlicher Aspekt: viele Ärzte sind gegen Therapie in Einrichtungen!

Und: es ist sehr zu bezweifeln, dass Ärzte bei erhöhtem Therapiebedarf im Fall der Öffnung auch entsprechend mehr verordnen würden!

9.)Weiterer zusätzlicher Aspekt: nicht alle Kitas werden eine Öffnung ihrer Einrichtung begrüßen und oftmals auch nicht die geeigneten Rahmenbedingungen anbieten können.

Vorstellbar wäre ein entsprechender zusätzlicher Ankreuz-Punkt der Mitgliederbefragung , z.B.
„Ich fordere, dass die Öffnung einer Einrichtung für logopädische Therapie nur bei dem Nachweis geeigneter Rahmenbedingungen erfolgen darf.“
oder:
„Ich befürchte, dass die Rahmenbedingungen in Einrichtungen bei einer Öffnung oft unzureichend sein werden.“

11.) Ein weiterer Aspekt ist der Ausschluss diverser Störungsbilder unter Berücksichtigung fachlicher Grundsätze, die eine Therapie in der Einrichtung von vorne herein unmöglich machen. wie z.B. kindliches Stottern und Poltern, auditive Wahrnehmungsstörungen, kindliche Dysphonien, denn hierfür sind eine Elternbeteiligung und ruhige Räume zwingend erforderlich.

12.) Mehrfach wurde geäußert, dass Therapien in Einrichtungen nur durch fest angestellte Therapeuten in zugelassenen Räumen erfolgen sollten, weil so Qualität gesichert werden kann.
Festangestellte Therapeuten (s. Rhein-Sieg-Kreis) müssen aber feststellen, dass sich die Träger aus der finanziellen Verantwortung wieder zurückziehen. Therapien werden durch externe Logopäden zu Lasten der Krankenkassen outgesourct.

Das Fazit könnte sein:
„Wirtschaftliche Interessen der niedergelassenen Logopäden können langfristig nur mit einer hohen Qualität der Arbeit gesichert werden.“

2 Kommentare:

  1. Hallo,
    ich sehe die beschriebenen Zustände in den Einrichtungen und die Art der Qualitätskontrolle auch kritisch, frage mich allerdings, ob mit einer Öffnung der HMR ein erster Schritt dahin getan werden muss, um dann in den Einrichtungen evtl. eigene Therapieräume und Arbeitsverträge auszuhandeln und ob das die Taktik des dbl ist??
    Lieber Gruß Peter Dicks

    AntwortenLöschen
  2. Hallo und Danke für das Engagement auf dieser Seite.

    Eine Fage die mir noch zufriedenstellend beantworten konnte:

    Was tun gegen Kollegen die sich illegal in Kindergärten betätigen? Weder Kasse noch Kindergarten noch Arzt noch Patient interessieren sich für das Verhalten dieser ... "Kollegenschweine". Im Gegenteil, alle Beteiligten, inklusive Therapeut, erfreuen sich über die Praktikabilität... immer genügend Nachschub dank kostenlosem Screening und Endlostherapie und mangelnde Konkurrenz, keine Parkplatzsuche oder lästige "Hausaufgaben" und Zeitersparnis für die Patientenmutter und über die kostenlose Fachkraft vor Ort freut sich der KiGa... tolle Sache.
    Eine Zivilklage wegen unlauteren Wettbewerbs kann ich mir nicht wirklich leisten, sowas deckt auch keine Rechtsschutzversicherung. Dieses Verhalten ist mehr als nur lästig, es verhindert einen fairen Wettbewerb, die freie Therapeutenwahl, senkt die Therapiequalität, kann im Ernstfall existenzbedrohend sein, und und und...

    Das Argument der Befürworter das Material der Einrichtung benutzt werden kann finde ich auch sehr spannend... Die betreffenden Praxen sind also auch noch so schlecht ausgestattet, dass... Naja da passt wieder mal alles zusammen.

    AntwortenLöschen

Vielen Dank für Ihre Meinung und Ihr Engagement. Um Missbrauch dieser Seite und Verstöße gegen die allgemeine Netiquette zu vermeiden, werden alle Beiträge durch eine Moderation geprüft.
Sie können einfach kommentieren, indem Sie in den Kommentarkasten unten schreiben und bei "Kommentar schreiben als:" einfach 'anonym' auswählen. Sie können aber auch 'Name' auswählen und dann Ihren Namen eintragen